Titel: Unerreichbar nah
Autor: Whisper
Teil: 09/11
Genre: Fantasy
Rating: MA
Copyrights: Alles meins! Selbst drüber staun!
Warnung: [ANGST]*yum* Seelenqualen*noch besser ...und laut Tamura [cliffhanger]
Kommentar: Meine Debutstory!......ein Wechselbad der Gefühle! *eg*
Feedback: Immer willkommen! Gern gesehen! Gebraucht! Lebensnotwendig!...Noch ne Steigerung möglich?
"blabla" Gesprochenes
,blabla' Gedanken
,Wort' Betonung
/blabla/ Erinnerung
Rotes Mondlicht auf reflektierendem Spiegelglas.
Sehnsucht und Verlangen zum Greifen nah.
--- Unerreichbar nah ---
UNERREICHBAR NAH
17.Verrat
Der Schlüssel zu meiner Zelle drehte sich knirschend im
verrosteten Schloss
und weckte mich. Seit Jahren hatte ich dieses Geräusch nicht
gehört und
damals besiegelte es mein Schicksal. Irritiert setzte ich mich
auf und bekam
gerade noch mit, wie zwei in Schwarz und Harnisch gekleidete
Wachen forschen
Schrittes durch die Tür auf mich zu kamen. Grob zogen sie
mich auf die Füße
und hielten mich links und rechts am Arm fest bevor ich
überhaupt wusste was
los war. Unsanft stießen sie mich Richtung Tür, als ich
ihnen nicht schnell
genug reagierte zerrten sie mich mit sich. Flankiert von den
beiden Wachen
stolperte ich in den schmalen Gang vor meiner Zelle. Zeit mich
umzusehen
hatte ich nicht denn ich wurde auf die Wendeltreppe vor mir
zugeschoben. Nur
sie führte vom Turm hinunter. So vorsichtig wie es in der
Hast meiner
Begleiter möglich war stieg ich die scheinbar endlose Treppe
hinunter. Mehr
als einmal bewahrte mich der feste Griff der Beiden davor zu
fallen. Das
würde sicher blaue Flecken geben, aber besser als ein
gebrochener Hals.
Sollte ich hier endlich rauskommen dann vorzugsweise lebend.
Endlich im Burghof angekommen rang ich keuchend nach Atem. Die
Jahre im
Kerker hatten ihren Tribut gefordert. Keine Kondition mehr.
Die beiden
Wachen ließen keine Pause zu und drängten mich stattdessen
auf eine Tür auf
der anderen Seite des Burgfrieds zu. Schwer fiel das
Eichenholz hinter uns
ins Schloss, nachdem wir hindurchgetreten waren, eine weitere
Treppe nahm
hier ihren Anfang. Sie führte weiter nach unten in die
Grundmauern der Burg.
Nun fing ich ernsthaft an mich zu sträuben, jedes Kind wusste
schließlich,
dass sich hier unten üblicherweise die Folterkammer befand.
Viel Sinn hatten
meine Bemühungen nicht, ich war einfach zu schwach um gegen
diese zwei
Muskelpakete anzukommen. Dennoch machte ich ihnen ihren
Auftrag so schwer
wie möglich. Es war dunkel auf der Treppe, nur wenige Fackeln
erhellten mit
ihrem rötlichen Licht den Weg und ich brachte uns mehr als
ein Mal fast zu
Fall. Am Ende der Stufen angekommen keuchten meine Begleiter
genauso sehr
wie ich. Grob wurde ich durch die dort wartende Tür
gestoßen, von dem
Schwung stolperte ich vorwärts, dann knickten meine Knie weg
und ich landete
unsanft auf dem Steinfußboden, der womöglich noch kälter
war als der in
meiner Zelle. Hinter mir fiel die Tür mit einem entgültigen
Knall ins
Schloss. Vernichtend hallte der Klang in meinen Ohren wieder.
Schon wieder eingeschlossen. Wie oft hatte ich mir gewünscht
aus meiner
Zelle rauszukommen und nun...saß ich in einer anderen fest,
keine Ahnung was
mich erwartete. Ich rechnete damit gleich wieder hochgezogen
zu werden, als
ich hörte wie sich mir schlurfend Schritte näherten. Wie
überrascht war ich
als ich nur sanft an der Schulter geschüttelt wurde.
Aufgeschreckt ruckte
mein Kopf hoch und ich sah mich gehetzt um.
Ein von Kerzen und Fackeln erhelltes Zimmer präsentierte sich
mir, in dessen
Zentrum ein großer Badezuber mit dampfendem Wasser stand.
Feuer in
Kohlebecken verbreitete angenehme Wärme und an den Wänden
standen Tische mit
allerlei Leckereien. Es war kein großer Raum - ohne Fenster -
aber mit
Sicherheit nicht die Folterkammer die ich erwartet hatte.
Erstaunt blickte
ich mich nach der Person um die mich gerade eben berührt
hatte. Ein
seltsames Gefühl nach fünf langen Jahren. Sie stellte sich
als eine alte,
verrunzelt aussehende Frau heraus. Ihre Augenlider sahen
seltsam verwachsen
aus, fast wie Narben. Der Stock in ihrer Hand verriet nur noch
mehr was mit
ihr los war. Sie war geblendet worden. Ein Blinde!
Zögernd legte ich meine Hand auf die ihre, welche immer noch
auf meiner
Schulter ruhte. Stumm lächelnd erhob sie sich, verschränkte
ihre Finger mit
meinen und zog mich gen Badezuber.
Unschlüssig blieb ich stehen, nicht dass ich nicht erraten
konnte was wohl
von mir erwartet wurde, aber ich traute der Sache nicht. Warum
hatte man
mich hierher gebracht? Beharrlich löste ich mich aus dem
widerstrebenden
Griff der Blinden, huschte auf Zehenspitzen zur Tür und
lauschte. Dumpfes
Waffenklirren und Gesprächsfetzen drangen hindurch. Ich
hätte es wissen
müssen. Keine Möglichkeit zur Flucht. Resigniert rutschte
ich mit dem Rücken
die Tür hinunter und blieb dort sitzen. Schlurfende Schritte
und das Klopfen
des Stockes auf dem Steinfußboden kündigten die Ankunft der
Alten an.
Unmittelbar vor mir blieb sie stehen und starrte mit blinden
Augen abwartend
zu mir herunter.
"Wieso?", wagte ich verzweifelt zu fragen, doch die
Alte bedeutete mir nur
mit Gesten, dass sie nicht sprechen konnte. Blind und stumm.
Das war gewiss
kein Zufall.
Als sie wieder nach meiner Hand fasste, ließ ich mich
widerstandslos
mitziehen. Wenn ich schon mal hier war konnte ich mich
wenigstens waschen.
Warmes Wasser hatte ich seit fünf Jahren nicht gesehen und
erst recht keine
Seife.
Als mir die Alte beim Ausziehen behilflich sein wollte, musste
ich mich
regelrecht losreißen um ihr zu entgehen.
"Das kann ich schon selbst, danke!"
Demütig neigte sie das Haupt und wartete bis ihr das
Plätschern des Wassers
verriet, dass ich ins Bad gestiegen war. Sofort wurde ein
wohlriechendes
Badeöl ins dampfende Wasser gegossen. Waren das Lilien? Ja es
roch eindeutig
nach Lilien. Sie musste sich in diesem Raum sehr gut
auskennen, wenn sie
alles so blind fand.
Nur mit Mühe konnte ich meine Pflegerin davon abhalten mir
mit einem
Schwamm zu Leibe zu rücken. So was von aufdringlich. Nachdem
ich ihr dieses
Waschutensil abgerungen hatte, ließ ich mich bis zur
Nasenspitze in das
warme Wasser sinken. Ein herrliches Gefühl. Ich konnte ein
behagliches
Seufzen nicht unterdrücken. Ich tauchte ganz unter und als
ich wieder hoch
kam, ließ ich die Augen einen Moment lang geschlossen.
Meine kurze Unachtsamkeit ausnutzend hatte die Alte meine
einzige Kleidung
verschwinden lassen. Aufgebracht fuhr ich sie an als ich es
bemerkte, blieb
aber in der Wanne sitzen. Wo hätte ich auch hin sollen ohne
Kleidung?
Angespannt wusch ich mich zu Ende. Das Wohlbefinden war von
einem Moment auf
den anderen wie weggewischt.
Erst als das Wasser kalt wurde zauberte die Blindstumme ein
großes weißes
Laken von irgendwo hervor und bedeutete mir aus dem Bad zu
steigen. Flink
nahm ich ihr auch dieses ab und trocknete mich selbst. Danach
benutzte ich
das nasse Stück Stoff als improvisierte Kleidung. Als die
Alte merkte, dass
ich ihr das Gewebe nicht mehr aushändigen würde holte sie
ein ebenfalls
großes, weißes Leinenhemd und hielt es mir hin.
Offensichtlich hatte sie
erkannt, dass ich mich von ihr nicht antatschen lassen würde.
Dankbar nahm
ich das Hemd entgegen, streifte es über und gab ihr das nasse
Tuch zurück.
Danach trollte sie sich durch die, von den beiden Männern
bewachte Tür und
ließ mich allein.
Unschlüssig stand ich im Raum und sah mich genauer um.
Misstrauisch musterte
ich die mit allerlei Köstlichkeiten beladenen Tische. Von
einer riesigen
Obstschale mit allen erdenklichen Früchten - keine Ahnung wie
sie die mitten
im Winter aufgetrieben haben - über eine Fleisch- und
Käseplatte, Geflügel,
ofenfrisches Brot, sogar Kuchen, bis hin zu Karaffen
unterschiedlichen
Inhaltes - sei's Wein, Wasser oder andere trinkbare
Flüssigkeiten - war
alles vertreten was man sich an Gaumenfreuden wünschen
konnte. Ich nahm
nichts davon, was mein Magen laut protestierend quittierte.
Schließlich aß
ich ein Stück Brot und trank Wasser dazu. Mein übliches
Mahl. Ich traute der
ganzen Sache nicht. Außerdem wäre mir von der ganzen
ungewohnten Kost
sowieso nur schlecht geworden. So rollte ich mich auf einem
der Teppiche die
neben den Tischen gelegen hatten zusammen und ruhte mich etwas
aus. Wer weiß
wozu ich meine Energie heute noch brauchen würde.
Einige Stunden später, es musste inzwischen Mitternacht sein,
öffnete sich
die Tür wieder und die Wachen traten ein. Ihr Blick schweifte
erstaunt über
die unberührten Essensplatten zu mir und musterten mich
unverhohlen.
Natürlich sah ich anders aus wenn ich gewaschen und sauber
angezogen war.
Rebellisch sah ich ihnen entgegen, was sie nicht davon abhielt
mich erneut
zu ergreifen und wieder zur Tür hinauszuschleifen. Sanfter
diesmal aber
dennoch unnachgiebig. Wieder ging es tiefer ins Gewölbe der
Burg. Dass sie
mich nun in die Folterkammer bringen würden glaubte ich nun
nicht mehr.
Sonst hätten sie sich garantiert nicht die ganze Mühe mit
mir gemacht.
Hoffte ich wenigstens.
Wieder wurde ich am nun endgültigen Ende der Treppe durch
eine Tür
geschoben, nur dass diese um einiges größer war als die
letzte und meine
Begleiter mich weitereskortierten. Neugierig blickte ich mich
um. Noch ein
Raum ohne Fenster, aber groß mit hoher gewölbter Decke, mehr
lang als breit.
Auch hier standen überall Feuerschüsseln im Raum verteilt
und an den Wänden
steckten Fackeln in Haltern. Wir steuerten auf das kurze Ende
des Raumes,
nein eigentlich war es eher ein Gang zu. Imposant erhob sich
dort ein auf
einem Podest stehender Thron. Bei genauerem Hinsehen erkannte
man, dass sich
die überaus hohe Lehne zwischen den gespreizten Beinen einer
weiblichen in
Holz geschnitzten Statue befand. Mein Blick wanderte höher
über weitere
Kopien weiblicher, nackter, in aufreizenden Posen
dargestellter Körper zu
Darstellungen von diversen Reichtümern, wie Gold, Silber und
Edelsteinen die
in das Holz eingearbeitet waren und zu Füßen einer, den Saal
beherrschenden
Götzenstatue von Ba'rak dem teufelsgleichen, gehörnten Gott
lagen. Auf
diesem Thron saß ein langer, hagerer Mann in kostbaren
schwarzen Gewändern,
ein seltsames Gebilde auf dem Haupt. Offensichtlich Ba'rak's
Hohepriester.
Ich hatte ihn schon bei den Opferungen gesehen.
Mir schwante böses. Vor dem Thron angekommen zwangen mich die
beiden Wachen
in die Knie und wurden dann von drei Tempeldienern abgelöst,
die drohend
hinter mich traten. Sie waren ebenfalls in Schwarz gehüllt
und die Kapuzen
der langen Umhänge verdeckten völlig ihre Gesichter. Flucht
war wieder
zwecklos.
Einer von ihnen trat vor, verbeugte sich tief vor dem Podest,
stieg auf
einen Wink des Hohenpriesters nach oben und händigte diesem
eine
Pergamentrolle aus. Danach verneigte er sich erneut und nahm
seinen Platz
hinter mir zur Linken wieder ein.
Nur das Feuer der Fackeln knisterte leise als der Priester das
Pergament
entrollte und sorgsam studierte. Ab und zu sah er mich
abschätzend an, sagte
aber nichts. Schließlich legte er die Schriftrolle zur Seite
und bedeutete
dem Tempeldiener zu meiner Linken etwas. Ehrerbietig verneigte
sich dieser
wieder und huschte von meiner Seite. Wohin konnte ich nicht
sehen. Sofort
kam er zurück, stellte sich vor mich hin und strich mir die
noch immer
leicht feuchten Haare aus der Stirn. Aus schockgeweiteten
Augen beobachtete
ich wie er den mitgebrachten Pinsel in eine Schale mit dunkler
Flüssigkeit
tauchte und an meine Stirn hob. Instinktiv ruckte ich den Kopf
weg, was mir
aber nur einbrachte von den beiden Anderen still gehalten zu
werden. Die
Hände auf meinen Schultern und um meinen Kopf ließen keine
weitere Bewegung
mehr zu. Langsam und präzise zeichnete mir der Vermummte
etwas auf die
Stirn. Die kalten, nassen Striche bildeten ein Symbol. Ein
Symbol, dass ich
nur zu gut kannte.
Gabeira's Ringe und Stern.
Das war es also was sie mit mir vorhatten, erkannte ich
erschreckt. Die
Wucht der Erkenntnis ließ mich schwindeln und die Wächter
packten fester zu.
Vernichtet schloss ich die Augen.
"Wissen", annoncierte der Tempeldiener feierlich.
Woher wussten sie nur das ich zu Gabeira's Gruppe gehört
hatte? Nun,
wenigstens würde ich für etwas sterben an das ich glaubte.
Und es würde
schnell gehen, das war mein einziger Trost.
Das Zischen einer blankgezogenen Klinge ließ mich erschreckt
die Augen
aufreißen. Verwundert sah ich wie der zweite der
Tempeldiener, welcher zu
meiner Rechten gestanden hatte nun auf mich zutrat. Zwei
schnell geführte
Bewegungen mit dem Dolch schnitten mein Hemd an den Schultern
entzwei und
der Stoff kräuselte sich um meine Knie. Wie erniedrigend. Nun
trug ich
nichts mehr außer meinem Stolz. Die festhaltenden Arme der
anderen Beiden
verhinderten, dass ich mich den abschätzenden Blicken entzog.
Trotzig
erwiderte ich den Blick des Tempeloberhaupts, schluckte aber
nervös. Erneut
erteilte er mit einer Geste einen Befehl und der Diener eilte
sich etwas zu
holen. Dieses Etwas stellte sich als Kleidung heraus.
Vorsichtig wurde mir
dies angelegt. Sie bestand aus einem schwarzen, mit Goldband
gesäumten
Seidenoberteil, das nur an zwei Stellen - an den Schultern -
durch einen
Bänderverschluss zusammengehalten wurde. Es reichte mir
gerade mal bis zur
untersten Rippe und ließ den Bauch frei.
Die Hose, sofern man dieses ebenfalls schwarze mit Goldborten
besetzte Stück
Stoff so nennen konnte, wurde im selben Prinzip an drei
Stellen an den
Außenseiten meiner Beine zusammengehalten. An Knöchel, Knie
und Hüfte, und
saß dadurch recht tief. Alles in allem enthüllte dieser
Aufzug mehr als er
verbarg. Zum Schluss wurde mir noch ein Amulett, ebenfalls mit
Gabeira's
Symbol, umgelegt.
"Schönheit.", verkündete der zweite Diener.
Was? Unmöglich! Doch nicht ich! Nie hatte ein Opfer mehr als
einen Wert
besessen. Wie ein Schlag in den Magen traf mich die Erinnerung
auf welche
Art ,Schönheit' starb. ,Nein, bitte nicht!'
Grauen erfasste mich und ein kalter Schauer lief mir den
Rücken hinab. Ich
wünschte mich nur noch zurück in meine Zelle zu der sie den
Schlüssel
meinetwegen wegwerfen sollten. Lieber das als....
Der dritte, direkt hinter mir stehende Verhüllte trat vor und
fasste in
meine Haare um sie zu vier Strähnen zu unterteilen.
Da fiel es mir wieder ein. Nur Unberührte gingen mit offenem
Haar zum Altar.
Mit einer harschen Geste unterbrach der Hohepriester das Tun
seines
Untergebenen. Augenblicklich zog dieser die Finger aus meinem
Haar zurück.
,Was?' Auch er eilte nun davon und kehrte kurz darauf wieder
zurück.
Eine weiße Lilie, Gabeira's Symbolblume wurde mir delikat
hinters Ohr
gesteckt. Wie von weit entfernt hörte ich den Tempeldiener
"Unschuld"
deklarieren.
Mir schwirrte der Kopf und ich wäre hingefallen hätte man
mich nicht noch
immer festgehalten. Das war doch nicht wahr, das konnte
einfach nicht wahr
sein. Kein Opfer besaß mehr als eine Eigenschaft, es hatte
noch nie ein
männliches Unschuldsrhinuk gegeben. Woher wussten sie
überhaupt all das über
mich?
Es war bestimmt nur ein böser Traum, ein grauenhafter Traum
und gleich würde
ich in meiner zugigen Zelle aufwachen. Doch ich wachte nicht
auf.
"Dem Rhinuk wird ein letzter Wunsch gewährt",
verkündete der Hohepriester,
zum ersten Mal das Wort ergreifend, doch ich nahm es kaum
wahr.
"Keine Antwort? Nun gut. Führt das Rhinuk in die dafür
vorgesehenen Gemächer
bis Ba'rak's Tag gekommen ist. Sorgt dafür das es ihm in den
drei Tagen an
nichts mangelt!", befahl er an seine Diener gewandt.
Augenblicklich wurde ich hochgezogen. Gemächer? Nein!!! Ich
hatte mich doch
nicht mal von meinem einzigen Freund verabschiedet. Was sollte
ich in
Gemächern wenn Alex nicht dort war?
"Nein!", brachte ich atemlos hervor. Die Gedanken
jagten sich in meinem
Hirn. "Ich möchte zurück in meine Zelle! Bitte!",
stieß ich lauter hervor.
Wenn, dann wollte ich meine letzten Tage mit Alex verbringen.
Er war mein
Freund, nein, viel mehr als das. Es war mir nur erst jetzt
klar geworden.
Der Hohepriester nickte nur. "Dein Wunsch sei
gewährt!"
Idiotische Erleichterung überkam mich. Ich würde Alex doch
noch wiedersehen,
sofern es der Spiegel zuließ. Oh, wie sehr hoffte ich auf
diese Gnade.
Widerstandslos ließ ich mich abführen. Es hätte sowieso
keinen Sinn gehabt
mich großartig zu wehren.
Die Wachen von vorhin geleiteten mich wieder hinaus. Auf dem
Weg nach
draußen bekam ich das Gespräch zwischen zwei der
Kapuzenmänner mit.
"Das ideale Rhinuk! So etwas hatten wir noch nie!" -
"Ja, Xantras verdient
wirklich eine Belohnung!"
,Xantras?' War diese Nacht nicht schon schlimm genug gewesen?
Von dem Weg
zurück in meine Zelle bekam ich nichts mit, mein Bewusstsein
war wie in
Nebel gehüllt. Ich glaubte den Verstand zu verlieren,
angeknackst war er
schon. Die schwere Zellentür schloss sich laut knirschend
hinter mir, erst
dann brach ich zusammen.
,Xantras.' Es gab im ganzen Burgumkreis nur einen mit diesem
Namen.
"Vater!", murmelte ich gebrochen.
18. Sehnsucht
Es war doch stets das Gleiche. Immer wenn man es besonders
eilig hatte, ging
garantiert nichts voran. Ausgerechnet heute war mein längster
Tag der
Uniwoche. Zu allem Unglück bestand mein Professor nach der
Vorlesung noch
auf eine Diskussion des besprochenen Stoffes und ich kam nicht
weg. Durch
die schlechte Wetterlage verspätete sich dann auch noch der
Bus, der mich
schließlich mit gehöriger Verzögerung nach Hause brachte.
Dabei hatte ich
gerade heute besonders früh daheim sein wollen, damit ich ja
nicht zu spät
kam.
Gehetzt blickte ich von der ersten Stufe des Haupteingangs gen
Himmel. Wie
erwartet stand der aufgehende Mond am Nachthimmel. Jetzt aber
schnell!
Keuchend nahm ich zwei Stufen auf einmal auf dem Weg nach
oben. Völlig außer
Atem und mit vor Anstrengung zitternden Knien kam ich im
vierten Stock an
und stürzte in meine Wohnung. Hastig verstaute ich meine
Sachen und eilte in
mein Schlafzimmer.
,Geschafft! Gerade noch rechtzeitig!', dachte ich als die
zerzauste
Reflexion meiner Selbst verblasste und das Abbild einer Zelle
in den
Vordergrund trat. Mein Spiegel war wie erwartet wieder zu
einem Fenster
zwischen Xela's und meiner Welt geworden. Ich hatte also doch
Recht und
konnte es gar nicht abwarten meinem Freund meine neueste
Entdeckung
mitzuteilen. Von ungeduldiger Vorfreude erfüllt suchte ich
die Zelle nach
dessen wohlvertrauter Gestalt ab. Mein Herz sank als ich ihn
nicht fand. Der
Raum war leer. Sofern ich das beurteilen konnte, war alles
genauso wie
sonst, nichts war verändert. Nur das einzige und für mich
Wichtigste fehlte.
Xela. Wo war er nur? Jetzt hatte ich mich extra seinetwegen
nach Hause
beeilt und wo war er? Nicht da! Ärgerlich starrte ich in den
Spiegel. Zu
selbstverständlich war es mir schon geworden ihn immer auf
mich wartend
anzutreffen, nicht umgekehrt. Dann kam mir ein entsetzlicher
Gedanke. Er
konnte doch nirgends hin, es sei denn...es sei denn man hatte
ihn geholt!
Erschöpft und enttäuscht sank ich zu Boden und blieb
benommen sitzen.
Was war bloß geschehen, dass man Xela nach fünf Jahren ohne
Vorwarnung
plötzlich aus seiner Zelle holte? Hätte er es gewusst,
hätte er mir sicher
etwas davon gesagt. Sich zumindest verabschiedet.
Hatte man ihn vielleicht frei gelassen? Wenn dem so war,
sollte ich mich
eigentlich für meinen Freund freuen. Aber ich konnte es
nicht, immerhin
hatte ich den für mich wertvollsten Menschen verloren.
Irgendwie glaubte ich aber nicht an eine glückliche Wendung
seines
Schicksals. Ein ungutes Gefühl nagte an mir. Was wenn er
nicht frei gelassen
worden war? Besorgt runzelte ich die Stirn. Wenn...?
Egal was mit ihm passiert war, ich würde es wohl kaum jemals
erfahren und
das bedrückte mich noch mehr.
Schreckliche Möglichkeiten entsprangen meiner regen
Phantasie. Immerhin
lebte er in einer barbarischen Welt zwischen Götzendienern.
Wer wusste was in Xela's Dimension sonst noch so üblich war.
Vielleicht
hatte man ihn verkauft oder gar getö...Nein, bloß nicht
daran denken. Ich
konnte mir nicht vorstellen, dass jemand einem Wesen wie Xela
Schmerzen oder
gar Schlimmeres zufügen könnte. Leider war ich durch jenes
Fest vor etwa
zwei Monaten eines besseren belehrt worden.
Ich hoffte bloß, dass sich für Xela alles zum Besten
gewendet hatte, wenn
ich auch das Schlimmste befürchtete. Vielleicht war es ja
ganz gut, dass ich
so gut wie nichts über die Gebräuche seines Landes und über
seinen Verbleib
wusste. Ich glaube ich hätte es nicht ertragen ihn tot zu
wissen. Ohne es
bewusst zu merken saß ich die ganze Nacht vor dem Spiegel und
starrte
blicklos, in Erinnerungen und Grübeleien versunken vor mich
hin. Insgeheim
hoffte ich, dass Xela vielleicht doch noch zurückgebracht
wurde. Erst jetzt
wo ich mir sicher war ihn nie wiederzusehen, merkte ich wie
sehr ich ihn
brauchte. Ein unerträglicher Gedanke, nach Hause zu kommen
und meinen Freund
nicht mehr anzutreffen. Selbst in den mondlosen Phasen hatte
ich seine
Anwesenheit immer gespürt. Ein beruhigendes Gefühl ihn immer
bei mir zu
wissen. Vorbei, alles vorbei.
Draußen fing es langsam zu dämmern an, als mein Wecker, den
ich -fürs
Wochenende - abzustellen wieder ein Mal vergessen hatte, Alarm
schlug und
mich aus meiner Trance riss. Die letzte Zeile des soeben
endenden Songs traf
genau mein momentanes Gemüt.
" ...all I needed for another day,
and all I ever knew
- only you - "