Titel: Unerreichbar nah
Autor: Whisper
Teil: 08/11

Genre: Fantasy
Rating: MA
Copyrights: Alles meins! Selbst drüber staun!
Warnung: [angst] ...endlich [lime]^^;;
Kommentar: Meine Debutstory!......ein Wechselbad der Gefühle! *eg*
Feedback: Immer willkommen! Gern gesehen! Gebraucht! Lebensnotwendig!...Noch ne Steigerung möglich?

"blabla" Gesprochenes
,blabla' Gedanken
,Wort' Betonung
/blabla/ Erinnerung


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Rotes Mondlicht auf reflektierendem Spiegelglas.
Sehnsucht und Verlangen zum Greifen nah.
--- Unerreichbar nah ---

UNERREICHBAR NAH

15.Black satin sheets

Irgendetwas riss mich aus meinem tiefen Schlummer und beförderte mich in den Dämmerzustand zwischen Träumen und Wachen. Jedoch fühlte ich mich in meinem warmen, weichen Bett viel zu wohl um mich für letzteres zu entscheiden. So kuschelte ich mich tiefer in die behaglichen Falten meines Bettzeugs und döste vor mich hin. Vage nahm mein schlafdurchtränktes Bewusstsein das Senken der Matratze am Fußende des Bettes wahr und mühsam öffnete ich meine Augen einen Spaltbreit. Ich sah nichts außer Dunkelheit, bevor sich meine vom Schlaf schweren Lider wieder schlossen. Unwillig grummelte ich undeutlich vor mich hin und drehte mich von der Seite auf den Rücken.
, Seltsamer Traum, seit wann hatte ich denn ein Wasserbett?' Die Matratze schwankte, es fühlte sich an als würde jemand auf allen Vieren zum Kopfteil hochkriechen. Unmöglich. Ich blinzelte und mir war als nähme ich eine Bewegung wahr. Langsam und geschmeidig, katzengleich. Einen Moment später fühlte ich ein Paar warme Hände über meine Brust gleiten und schreckte aus meinem schlafumnebelten Zustand auf. Panik durchfuhr mich, geschockt hielt ich die Luft an und lag angespannt da. Meine Gedanken jagten sich in meinem Kopf. Was war bloß los? Einbrecher? Aber was wollte ein Einbrecher in meinem Bett?
Hellwach und aufs äußerste gespannt lag ich da und wartete ab. Was sollte ich auch anderes tun? Der nächste Zug lag bei meinem nächtlichen Besucher.
Ich hoffte bloß aus dieser absurden Situation heil herauszukommen. Nun da ich wach war konnte ich, trotz geschlossener Augen, des Fremden Position bestimmen. Er kniete über mir und als er sich zu mir hinunterbeugte strichen die Spitzen der offensichtlich langen Haare über die vor Aufregung übersensible Haut meiner Brust, kitzelten über Hals und Gesicht. Überrascht schnappte ich nach Luft, wagte es jedoch nicht mich zu rühren. Ich fühlte mich wie versteinert. Warmer Atem streifte mein Ohr, meine Nackenhaare richteten sich auf. Erschauernd drehte ich abwehrend den Kopf zur Seite um mich dem Eindringling zu entziehen. Mein Herzschlag jagte sich vor Aufregung und meine Muskeln begannen vor Anspannung zu zittern.
"Alex....Alex....aufwachen!", hauchte mir eine nur zu bekannte Stimme ins Ohr und ich riss erstaunt die Augen auf. Ich entließ den angehaltenen Atem und rang keuchend nach Luft. Sprachlos starrte ich die so liebgewonnene Gestalt an. Lächelnd wich er ein Stück von mir zurück und ich sah direkt in sein Gesicht. Nur zu deutlich konnte ich nun die Identität des Fremden im schwachen Licht des Mondes ausmachen. Kein Zweifel möglich!
Die langen, silbrigen Strähnen, diese unvergleichlichen violetten Augen.
"Xela!", flüsterte ich ungläubig. Schwungvoll rollte ich mich herum und drückte ihn in die Kissen.
"Wie...?", wollte ich drängend wissen, doch er unterbrach mich.
"Shhh!", meinte er leise beschwichtigend und brachte mich, mir sanft den Zeigefinger auf die Lippen legend zum Schweigen. Leicht den Kopf schüttelnd sah er mich lächelnd an. Sein Anblick verschlug mir den Atem. Ein lebendig gewordener Traum.
Seine seidig schimmernde Haarpracht lag wie kunstvoll arrangiert über seinen Schultern, schmeichelten dem engelsgleichen, blassen Gesicht um sich dann wie flüssiges Silber über den schwarzen Satinstoff meiner Kissen und Laken zu ergießen. Die dunkle Farbe und das edle Material brachten seine helle Schönheit nur noch mehr zur Geltung. Entspannt durch die Lippen atmend sah er mich aus halbgeöffneten, lavendelfarbenen Augen abwartend an. Unfähig mich zu beherrschen hob ich die Hand und berührte vorsichtig seine Wange.
Zum Greifen nah und genauso samtweich wie ich es mir vorgestellt hatte.
Samt und Seide auf schwarzem Satin.
Die vollendete Versuchung.
Die pure Sünde.
Ich schluckte trocken.
Aber wie kam er hierher? Xela unterband weitere Überlegungen äußerst effektiv. Sich von der Matratze abdrückend griff er in mein Nackenhaar und hauchte einen Kuss auf meine Lippen. Damit riss er mich völlig von den Socken. Nie und nimmer hätte ich mit dieser Berührung gerechnet. Ein überraschtes Krächzen entrang sich meiner Kehle und ich schloss überwältigt die Augen. Das war einfach zu schön um wahr zu sein. Wie oft war ich bei Xela's Anblick schon in Tagträumen versunken, mir genau dies wünschend. Und jedes Mal wenn er mich dabei ertappt hatte wäre ich am liebsten im Boden versunken.
Das Nächste was ich mitbekam war, dass nun ich meinerseits mit dem Rücken in die Kissen gepresst und Xela der ganzen Länge nach an mich geschmiegt dalag.
Das Laken hatte sich um und zwischen unser beider Hüften gewickelt und zum ersten Mal bemerkte ich, dass mein Spiegelfreund gar kein Hemd trug. Was sich jenseits der Gürtellinie befand konnte ich nun nicht mehr ausmachen, dennoch oder vielleicht gerade deswegen spielte meine Phantasie verrückt.
Auf die Ellbogen gestützt schaute er auf mich herunter, seine Haare bildeten einen seidigen Vorhang um uns beide, schirmten uns von der Umgebung ab. In dieser kleinen abgeschlossenen Welt verlor ich mich in Xela's unbeschreiblichen Blick.
,Gott, ich bin tot und im Himmel!', dann setzte mein Verstand komplett aus, denn ich spürte Xela's warmen, weichen Mund wieder auf meinem. Mit sanftem Druck küsste er mich, biss leicht in meine Unterlippe, leckte verführerisch um Einlass bittend darüber.
Welchen ich ihm aufseufzend gewährte.
Langsam teilte er meine nachgiebigen Lippen, knabberte wieder spielerisch an meiner Unterlippe und saugte leicht daran. Ungeduldig seufzend fing ich seinen funkelnden Blick auf und schloss meine Augen gleich wieder verzückt.
Betörend langsam tauchte seine Zunge zwischen meine geöffneten Lippen, suchte die meine, kostete den ersten Geschmack meines Mundes aus bevor er ganz vordrang und genüsslich meine Mundhöhle erforschte.
Unkontrolliert zitternd zog ich ihn mit meinen, in seinem Haar vergrabenen Händen noch weiter zu mir herunter. Wollte mehr von diesen begnadeten Lippen. Unser Kuss vertiefte sich, dauerte an bis er schließlich aus Sauerstoffmangel abbrach. Keuchend sah ich Xela aus verschleierten Augen an.
Gott, um nichts in der Welt hätte ich dies beenden wollen.
Begierig zupfte ich an der silbrigen Haarsträhne, die sich zwischen meinen Fingern verfangen hatte und sah dabei bedeutungsvoll auf Xela's Mund.
Zufrieden registrierte ich wie er sich wieder zu mir beugte, doch anstatt meinen Wunsch zu erfüllen wich er nach links aus und schnappte sich mein Ohrläppchen um daran zu knabbern. Protestierend drehte ich den Kopf weg, ich wollte ihn wieder schmecken, war schon geradezu süchtig nach ihm. Ein leise und amüsiert klingendes erneutes "Shhh!" erreichte mein Ohr und dann fühlte ich wie mein schon offenes Pyjamaoberteil noch weiter zur Seite geschoben wurde. Geschickte Finger streichelten meine Haut unter dem dünnen, karierten Stoff und nach kurzer Zeit teilte mir ein kühler Hauch auf der nackten Haut mit, dass Xela es geschafft hatte mich des störenden Materials zu entledigen. Wie, war mir entgangen. Eine wohlige Gänsehaut überzog mich bei jeder federleichten Berührung. Stöhnend drängte ich mich Xela's Liebkosung entgegen, verlangte stumm nach mehr.
,Wenn das ein Traum ist will ich nie wieder aufwachen!' Ein erneuter lustvoller Schauer durchrieselte mich als sich Xela's Zähne in sanften Bissen meinen Hals entlang und dann seine Zunge, den Pfad fortsetzend, zum Schlüsselbein hinunterarbeitete. Still daliegen war ein Ding der Unmöglichkeit geworden, doch Xela's unvermutetes Gewicht drückte mich immer wieder in die Kissen zurück. Inzwischen klammerte ich mich mit einer Hand in Xela's Nacken fest, die andere krallte sich in das Bettlaken neben meiner Hüfte.
Zu einem klaren Gedanken war ich seit dem Moment in dem unsere Lippen sich trafen nicht mehr fähig und so überließ ich mich widerstandslos meinen Empfindungen. Wer war ich, mich solch einem köstlichen Ansturm zu widersetzen?
Anscheinend wollte Xela dies auch nicht beenden, denn er rutschte ein Stück tiefer und bearbeitete küssend, streichelnd, hier und da einen sanften Biss setzend meine Brust. Unerträglich! Wenn er so weitermachte, würde ich noch vor Hitze vergehen. Mit einem schelmischen Glitzern in den wunderschönen Augen ließ er seine Hände streichelnd an meinen Seiten hinunterwandern und umfasste meine Hüfte bevor er sich nochmals tiefer bewegte. Fasziniert beobachtete ich das Spiel der Muskeln unter seiner mondbeschienen Haut.
Neckend zog er mit der Zunge eine feucht glitzernde Spur über meinen angespannten Bauch und tauchte sie dann spielerisch in meinen Nabel. Ich folgte dieser Reise mit meinem Blick und schluckte schwer. Im nächsten Moment verließ er meinen Bauchnabel und platzierte einen heißen Kuss kaum zwei Fingerbreit über dem elastischen Bund meiner Schlafshorts, die während ich schlief schon recht tief gerutscht waren.
Mein Herz schlug Purzelbäume, Luft bekam ich sowieso kaum noch und wenn das so weiterging würde mein Verstand komplett ins Nirwana verschwinden. Aber egal! Er funktionierte sowieso nur noch auf Kurzschlussbasis und lieferte Informationen wie: sexy...Xela....heiß....mhmmm....mehr!!!
Er sah aber auch atemberaubend aus.
Wirre Haare die ihm in die Stirn fielen und teils meine Oberkörper, teils seine Schultern und Rücken bedeckten. Die lustvoll glitzernden Augen kombiniert mit der verführerischen geschmeidigen Pose in der er sich zwischen den Laken rekelte verlieh ihm etwas Wildes, unglaublich Erotisches.
Kurz sah er mich nachdenklich, die Unterlippe zwischen seinen Zähnen festgeklemmt an. Ein verschmitztes Lächeln breitete sich auf seinen Zügen aus. Dem Wahnsinn nahe schnappte ich nach Luft als Xela den Kopf senkte, den Bund meiner Shorts leise knurrend mit den Zähnen fasste.
Er würde doch nicht etwa.....?

"I CAN GET NO SATISFACTION!", plärrte Mick Jagger ohrenbetäubend los und ich saß innerhalb von Sekundenbruchteilen aufrecht im Bett. Blind nach der Wurzel des lärmenden Übels schlagend, traf ich den Radiowecker am Nachttisch, schaffte es aber erst beim dritten Versuch das Ding zum Schweigen zu bringen. Irritiert fuhr ich mir durch die schlafzerzausten Haare und stöhnte gepeinigt auf. Es war stockdunkel um mich herum, kein Mond schien und ich schwitzte und zitterte am ganzen Körper. Keuchend rieb ich mir den Schlaf aus den Augen und sah mich suchend um. Kein Xela, und der Spiegel war genauso leer wie die Woche davor.
"Ein Traum...nur ein Traum!" Frustriert boxte ich in die mit himmelblauer Baumwolle bezogenen Kissen.
"Verdammt!", fluchte ich.
Ein Blick auf den Wecker zeigte mir, dass es sieben Uhr morgens war. Ich Idiot hatte vergessen den Alarm abzustellen. Es war Anfang Februar und ich hatte gerade Ferien.
Langsam trocknete der Schweiß auf meiner Haut und ich begann mich unwohl zu fühlen. Also schlug ich die durchnässte Decke zurück und hockte einen Moment lang auf der Bettkante. Resigniert aufseufzend stand ich schließlich auf und trottete zur Dusche. Hastig schlüpfte ich aus meinen Schlafklamotten und stellte das Wasser an. Unter dem warmen Wasserstrahl entspannte ich mich etwas und wusch mir die Spuren meines Traums vom Leib.
So ging das nicht weiter. Nicht genug damit, dass ich schon tagsüber ständig an meinen ,Mitbewohner' dachte, jetzt schlich er sich auch schon in meine Träume, und was für Träume. Dabei ahnte er wohl gar nicht was er in mir auslöste. War wohl auch besser so.
Leider half die Wärme des Wassers nicht dabei mich abzukühlen. Der Traum hatte mich in einen ziemlich unangenehmen Zustand versetzt.
Rigoros drehte ich den Kaltwasserhahn bis zum Anschlag auf und ließ das eisige Wasser auf mich einprasseln. Vielleicht kam ich ja dadurch wieder zu Verstand. Ich war wütend auf mich selbst. Ich verhielt mich ja wie ein sexbesessener Vollidiot! Null Selbstbeherrschung! Es reichte wohl nicht, dass ich Xela mit Blicken auszog wann immer sich die Möglichkeit dazu geboten hatte, nein jetzt hatte ich auch schon feuchte Träume seinetwegen und diese kalte Dusche setzte dem Fass nun wirklich die Krone auf.
Und das alles wegen einem MANN!!
Bibbernd drehte ich das Wasser ab, schnappte mir ein Handtuch und rubbelte mich trocken. Mein Pyjama war hinüber und so schlüpfte ich genervt in das nächstbeste frische Paar Boxershorts und zog mir ein extragroßes T-Shirt über.
Ich verstand mich wirklich selbst nicht mehr. Was war nur los?
Ich hatte doch immer Mädchen gemocht. Ein unbeschriebenes Blatt war ich auch längst nicht mehr. Ok, ich hatte schon längere Zeit keine Freundin mehr gehabt, aber das lag gewiss nicht an mangelnder Gelegenheit. Viel mehr war es so, dass ich es bevorzugt hatte solo zu bleiben. Irgendwie hatte mich das letzte Jahr lang jeglicher näherer Kontakt mit anderen - egal ob männlich oder weiblich - genervt. Ich brauchte was eigenes, ganz für mich allein und das hatte ich jetzt ja auch. Na ja...fast. Aber warum - zum Teufel - unter all den Frauen, wieso musste es ausgerechnet Xela sein der mich wieder so empfinden ließ? Noch dazu war er unerreichbar für mich.
,Unerreichbar nah!', dachte ich schmerzlich.
Gedankenverloren ging ich zurück in mein Schlafzimmer und musterte mein Bett. Ich hoffte nur Xela hatte auf seiner Seite nichts mitbekommen.
Beschämt zog ich hastig die eingesaute, verschwitzte Bettwäsche ab, entsorgte sie im Schmutzwäschekorb im Bad und ging dann daran die von dort mitgebrachte frische Bettwäsche neu aufzuziehen.
Während dessen versuchte ich meine gegenwärtige Situation auf die Reihe zu bringen. Fest stand, irgendetwas musste ich unternehmen. Auf keinen Fall wollte ich die kostbare Freundschaft zu Xela aufs Spiel setzen.
Sofern ich ihn je wiedersah. Dieses Fenster öffnete sich anscheinend willkürlich, bis jetzt war keiner von uns dahintergekommen wie es funktionierte. Ich hoffte nur, dass es gnädigerweise wieder erschien und dieses Mal vielleicht auf Dauer bestehen blieb. Für diesen Fall musste ich meine Gefühle unter Kontrolle bringen. Leichter gesagt als getan.
Vielleicht legten sie sich ja wieder. ,Eine Phase! Ja genau! So wird es sein. Einfach nicht mehr auf diese Art an Xela denken. Er ist mein Freund, nur mein bester Freund!', hämmerte ich mir ein, fest dazu entschlossen diesen Vorsatz einzuhalten.
Meinen inneren Kampf beendend, blickte ich auf mein frisch gemachtes Bett und seufzte geschlagen.

Ich hatte es mit meiner schwarzen Satinbettwäsche bezogen.





16. Erkenntnis

Ein paar Tage später gewährte der Spiegel tatsächlich wieder die Durchsicht.
Ich fand Xela am vergitterten Fenster stehend vor. Sein Blick war sehnsuchtsvoll in die Ferne gerichtet und der Wind spielte in seinem langen Haar. Noch nie hatte ich ihn seinen Wunsch nach Freiheit so offen zur Schau tragen sehn. Sich eine wirre Strähne aus dem Gesicht streichend schloss er die Augen und genoss die Brise.
Es versetzte mir einen Stich ihn so traurig zu sehen. Ich hasste es nichts tun zu können und sah ärgerlich zur Seite. Mein Blick blieb an ein paar Sachen hängen, die ich vergessen hatte wegzuräumen nachdem ich vor kurzem nach etwas gesucht hatte. Dabei war mir ein Baseballschläger unter die Hände gekommen der mir gar nicht gehörte. Musste wohl beim Umzug zwischen meine Sachen geraten sein. Der Besitzer ließ sich trotz meiner Bemühungen nicht ausforschen und so blieb das Ding in meinem Besitz.
Nun vielleicht war es doch zu etwas zu gebrauchen. Ich ergriff den Schläger, wog ihn in der Hand und musterte den verhassten Spiegel abschätzend. Ein Idee formte sich in meinen Gedanken.
,Hmmm! Dann mach ich mir die Tür eben selbst!', dachte ich mir.
"Xela! Bleib jetzt besser dort stehen!", rief ich meinem Freund warnend zu und holte weit zum Schlag aus.
Überrascht drehte Xela sein Gesicht zu mir und ein freudiges Lächeln glitt über seine Züge.
,Oh Mann, für dieses Lächeln bräuchte er einen Waffenschein!', dachte ich geplättet und hielt in der Bewegung inne. Das verschaffte ihm genau die Zeit die er brauchte.
Als Xela erkannte was ich gerade im Begriff war zu tun, erschien ein Ausdruck des Entsetzens auf seinem Antlitz. Mit drei langen, hastigen Schritten war er am Spiegel und verhinderte damit, dass ich den Schlag ausführte. Schließlich wollte ich ihn nicht verletzen.
"Nicht! Bitte! Wenn du mich nicht mehr sehen willst, dann sag es doch einfach!", rief Xela außer sich.
Perplex sah ich ihn an, er hatte verletzt geklungen aber irgendwie schwang auch Verständnis in seiner Stimme mit. Dachte er etwa ich will ihn loswerden? Ich ließ den Schläger auf der Stelle fallen und blickte Xela eindringlich in die Augen.
"Was redest du denn da? Ich wollte dir doch bloß helfen!", erwiderte ich.
Nun dämmerte ihm was ich vorgehabt hatte. Der gehetzte Ausdruck verschwand aus seinen Augen und er beruhigte sich etwas.
"Nein. Du kannst mir nicht helfen. Denk doch mal nach. Du zerstörst doch nur das Fenster und schaffst keinen Durchgang. Hinter den Spiegeln befindet sich nichts! Woher ich das weiß?", meinte er meinen fragenden Gesichtsausdruck deutend und ich nickte.
"Nun, eigentlich ist es nur eine Vermutung, aber sag, siehst du die ausgebrochene Ecke meines Spiegels?", fragte er und deutete auf die rechte untere Spiegelecke. Da war nichts oder besser gesagt, ich sah keine Bruchkante und das sagte ich ihm auch.
"Wie ich's mir gedacht habe. Das bestätigt meine Vermutung nur noch.
Verstehst du denn nicht? Es gibt keinen Durchgang, so leid es mir auch tut.
Zerstörst du den Spiegel, zerstörst du das Fenster.", erklärte er traurig.
Hätte ich also zugeschlagen, säße ich nun vor einem Riesenscherbenhaufen und Xela hätte ich auch verloren. Sofern seine Theorie zutraf. Auf den Schreck musste ich mich erst mal hinsetzen.
"Woher weißt du das?" "Glaubst du ich hätte nicht auch schon an diese Möglichkeit gedacht?", meinte er bitter.
"Als ich hier reingekommen bin, hab ich ziemlich alles in der Zelle befindliche zerschlagen und der Spiegel hat auch was abbekommen, von daher stammt auch die ausgebrochene Ecke. Vor kurzem hab ich versucht noch ein Stück auszubrechen. Wie du siehst hatte ich in etwa die gleiche Idee wie du, aber alles was es mir eingebracht hat war ein weiterer Splitter, ein Stück kahle Steinmauer mehr und", demonstrativ hielt er mir seinen rechten Daumen unter die Nase, "einen verdammt tiefen Schnitt!" Die Wunde war schon von Schorf bedeckt, es war ein ziemlich langer dünner Schnitt - musste geblutet haben wie die Hölle. Schmerzlich verzog ich das Gesicht.
"Was ich dich schon mal fragen wollte...seit wann gibt es Zellen mit Spiegeln?", lenkte ich von der Schnittwunde ab. Sie allein anzusehen tat schon weh.
"Keine Ahnung. Aber ich denke er ist da, weil diese Zelle von der Tür nicht ganz überblickbar ist. Als Sicherheitsmaßnahme.", meinte er spöttisch.
Theatralisch seufzte er auf und blickte gen Himmel: "Vielleicht auch damit mir beim Schminken nicht der Lidstrich verrutscht!" Glucksend verbiss ich mir ein Lachen. Oh ja, dass war mein Xela. Trotz seiner miserablen Situation hatte er seinen Humor nicht verloren.

Moment mal....MEIN Xela?

Die nächsten zwei Wochen verbrachten wir so lange es ging gemeinsam, lebten von einem Tag auf den Anderen. Wir wussten immerhin nicht wie lange das Fenster bestehen bleiben würde. Dennoch war es ein zeitweise angespanntes Miteinander. Er verheimlichte mir irgendetwas, dass spürte ich genau und ich, tja ich versuchte mit aller Macht meinem Vorsatz treu zu bleiben, was mir leider nicht immer gelang. Als der Spiegel schließlich leer blieb, war ich zugleich enttäuscht und erleichtert.
Man hätte meinen sollen Xela's Abwesenheit würde mir dabei helfen meine irritierenden Gefühle wieder unter Kontrolle zu bringen. Das Gegenteil war der Fall. Die kalten Duschen häuften sich und wenn ich nicht acht gab, würde ich mir noch eine Erkältung einfangen. Meine Ungeschicklichkeit nahm schon fast Katastrophenausmaß an und meine Konzentrationsfähigkeit war gleich null. Mit einer Ausnahme versteht sich, aber gerade daran durfte ich nicht denken.
Vielleicht....nur vielleicht war mein Schlafmangel in letzter Zeit mit die Ursache für meine Entgleisungen. Die wenigen Stunden die ich in einem kurzen komaähnlichen Erschöpfungsschlaf verbrachte, wogen keinesfalls weitere schweißtreibende Träume mit Xela als Hauptfigur auf.
Zu allem Unglück lief ich knapp zwei Wochen später meiner tratschsüchtigen Vermieterin in die Arme. Ich traf sie im Stiegenhaus vor meiner Wohnung, ein Fluchtversuch war da unmöglich. Eigentlich war sie ja eine ganz nette ältere Frau, hätte sie bloß nicht so einen Narren an mir gefressen.
Mir blieb auch wirklich nichts erspart, mir war kalt und ich hatte Kopfschmerzen, aber das würde ich meiner gluckenhaften Vermieterin bestimmt nicht auf die Nase binden, wollte ich sie je wieder loswerden. Direkt vor der Wohnungstür konnte ich sie auch nicht gut stehen lassen, also bat ich sie auf eine Tasse Tee herein. Das ließ sie sich natürlich nicht zweimal sagen und ehe ich michs versah stand ich schon in der Küche und kochte Tee, während ich ihrem nervenaufreibenden Geplänkel zuhörte. Dann jedoch gab sie etwas äußerst interessantes von sich.
"Und wie gefällt es Ihnen hier?", hatte sie mich gefragt und ich bekannte wie wohl ich mich in der Wohnung fühlte, Xela verschwieg ich wohlweislich.
Ihre nächste Frage ließ mich stutzen.
"Nichts ungewöhnliches?", wollte sie neugierig wissen.
"Nein, wieso? Im Gegenteil, ich frage mich schon die ganze Zeit, weshalb diese Wohnung so billig zu haben war. Wieso sind denn die vorigen Mieter ausgezogen?", hakte ich nun meinerseits misstrauisch nach. Vielleicht wusste sie ja etwas über den Spiegel und traute sich bloß nichts zu sagen.
"Es geht mich ja nichts an!", meinte ich beschwichtigend als ich sie nervös am Henkel ihrer Handtasche fingern sah.
"Jedenfalls bin ich froh, dass es so gekommen ist, sonst wäre ich kaum hier, nicht wahr? Hatten wohl Angst vor den vielen Stufen!", vermutete ich schmunzelnd.
"Das wohl weniger", meinte sie plötzlich redselig, "Sie wollten mir doch tatsächlich weiß machen, dass es hier in Vollmondnächten spuken würde.
Geister! Man stelle sich das mal vor!", lachte sie.
"Schließlich sind sie ausgezogen. Schade eigentlich, sie haben gut sechs Jahre hier gelebt, waren nette Leute." Nun, dass machte mich hellhörig. "Ach und wann genau soll das gewesen sein?
", versuchte ich mehr zu erfahren.
"Oh, das muss ab Mitte Juni gewesen sein - die Geistererscheinungen meine ich - ausgezogen sind sie dann im Juli. Mit all den Formalitäten, der Ablöse, einigen Renovierungsarbeiten etc. hat es dann gedauert bis ich die Wohnung weitervermieten konnte, und da sie doch Student sind....was soll ich alte Frau noch mit dem hohen Mietzins!", meinte sie mir freundlich zuzwinkernd.
Überrascht über soviel Freundlichkeit lächelte ich zurück. Donner aber auch, mit so was hätte ich nie gerechnet.
Etwas später verabschiedete sie sich endlich und verschwand wieder aus meiner Wohnung. Erleichtert ließ ich mich in meinen weichen Couchsessel fallen und verarbeitete das soeben gehörte.
Geister! So ein Quatsch! Ich war mir sicher, dass diese Leute Xela gesehen hatten. Nur schade, dass ich nicht mehr erfahren hatte. Mal sehen, vielleicht gab es ja irgendeine Verbindung. Meine Gedanken wanderten wieder einmal zu Xela und wie immer, wenn ich an ihn dachte, stand mir sein Bild lebhaft vor Augen.
Insgeheim hatte ich einen Narren an seinen seidig im Mondlicht schimmernden, langen Haaren gefressen. Moment mal......Mondlicht? hatte meine Vermieterin nicht etwas von Vollmond gefaselt? Jetzt wo ich darüber nachdachte, fiel mir auf, Xela immer nur von Mondlicht beschienen gesehen zu haben. Ohne Mond kein Xela! Die beiden waren anscheinend untrennbar miteinander verbunden.
Einen Verdacht hegend lief ich zum Kalender der an der Wand hing und schlug nach. Dort hatte ich alles aufgeschrieben, von Prüfungsterminen bis zu Einkaufsrechnungen, auch meine Nächte mit Xela hatte ich notiert. Wann waren die Vormieter ausgezogen? Ein Monat nachdem ihnen der ,Geist' erschienen war? Mitte Juni? Eilig blätterte ich zurück. Ja genau! Das könnte es sein!
Zu diesem Zeitpunkt war die letzte Sommersonnenwende gewesen. Langsam setzte sich das Puzzle Stück für Stück zusammen.
Das Spiegelfenster basierte offensichtlich auf den Mondphasen.
Was war ich bloß für ein Idiot gewesen das nicht früher herauszufinden?
Xela hatte mir doch auch erzählt, dass er erst ab November Kontakt zu meinem Zimmer gehabt hatte und dieser Termin fiel genau mit der Wintersonnenwende zusammen. Also ein Sichtwechsel! Darauf beruhte also das Geheimnis des Spiegels.
Mondphasen und Sonnenwende.
Laut Kalender würde morgen der Mondzyklus von Neuem beginnen und sofern meine Theorie zutraf würde ich Xela wiedersehen. Unbändige Freude erfüllte mich, alle guten Vorsätze Xela betreffend waren vergessen.
Zum Teufel damit! Ein leises sehnsüchtiges Seufzen entschlüpfte mir.

"Morgen."


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