Titel: Unerreichbar nah
Autor: Whisper
Teil: 05/11

Genre: Fantasy
Rating: MA
Copyrights: Alles meins!!!!! Sugar and flames immer herzlich willkommen!--->Karamel mjam!^-^
Warnung: klitzekleines [depri]
Kommentar: Meine Debutstory!......ein Wechselbad der Gefühle! *eg*

"blabla" Gesprochenes
,blabla' Gedanken
,Wort' Betonung
/blabla/ Erinnerung


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Rotes Mondlicht auf reflektierendem Spiegelglas.
Sehnsucht und Verlangen zum Greifen nah.
--- Unerreichbar nah ---

UNERREICHBAR NAH

9.Enigma

Gut gelaunt betrachtete ich die vor meiner Nase tanzenden Schneeflocken außerhalb der von Wind und Wetter geschützten Einkaufspassage bevor ich aus derselben trat und mich endlich auf den Heimweg zu meiner Wohnung machte.
"Die friedlichste Zeit des Jahres!", brummelte ich gutmütig, "dass ich nicht lache!" Bei all dem Rummel kurz vor Weihnachten war es nicht leicht gewesen meine Einkäufe zu erledigen. Zum Glück hatte ich schon vor einiger Zeit das perfekte Geschenk für meine Eltern gefunden und musste nicht mehr inmitten dieses Chaos danach suchen. Ansonsten gab es für einige meiner Freunde nur Kleinigkeiten. Postkarten hatte ich auch schon verschickt und so blieb mir nicht mehr viel übrig als mich zurückzulehnen - im übertragenen Sinn - und Weihnachten auf mich zukommen zu lassen.
Wie üblich zu dieser Jahreszeit war es nun schon ziemlich dunkel und ich beschleunigte meine Schritte um schneller nach Hause zu gelangen.
,Immerhin wartet jemand auf mich', dachte ich und grinste breit.
Mit den Gedanken bei meinem unerwarteten Mitbewohner schweiften dieselbigen in die jüngste Vergangenheit ab.
Die letzten paar Tage waren wie im Flug vergangen und ich fragte mich ernstlich wo die Zeit geblieben war. Um ehrlich zu sein, freute ich mich jeden Tag auf den Einbruch der Dämmerung und - damit verbunden- Xela's Erscheinen im Spiegel. Immer noch kam mir die ganze Sache surreal und absolut unmöglich vor, aber ich hatte mich ziemlich schnell daran gewöhnt...an Xela's Gesellschaft gewöhnt.
Bis dato waren mir sämtliche Mitbewohner mit denen ich ein Zimmer teilen musste auf die Nerven gegangen, bei Xela war das komplett anders. Manchmal fragte ich mich sogar, ob ich ihm mit meiner tollpatschigen Art und meiner - manchmal etwas unverschämten- Neugier nicht zu nahe trat.
Inzwischen waren wir in eine Art Routine verfallen. Sobald es dunkel wurde und sich das ,Fenster' öffnete, ließ ich - egal was ich gerade tat - alles stehen und liegen und leistete Xela Gesellschaft. Bis in die frühen Morgenstunden, wenn der Kontakt wieder abbrach. Viel Schlaf bekam ich dadurch natürlich nicht, dennoch war ich so munter und lebhaft wie schon lange nicht mehr. So schlief ich eben vormittags bis es Zeit für meine Unikurse wurde. Ich hätte nachts sowieso nicht gut schlafen können mit dem elenden Mond, der ständig ins Zimmer schien.
Wie auch immer, ich wollte meinen neuen Freund nicht mehr missen und sehnte das Ende jedes Tages ungeduldig herbei.
Einziger Beschwerdepunkt an meiner Freundschaft mit Xela war, dass wir von dem Spiegel getrennt wurden. Wir waren zusammen und waren es auch nicht. Ich hasste dieses Ding genauso sehr wie ich es dafür liebte, dass es meine Bekanntschaft mit dem silberhaarigen jungen Mann überhaupt möglich gemacht hatte.

Mittlerweile hatte ich meinen Studierplatz - wie ich es gerne nannte- zum Spiegel verlegt, nachdem ich völlig verblüfft festgestellt hatte, dass Xela keineswegs ungebildet war, im Gegenteil. Es interessierte ihn genauso sehr wie mich was die Dinge zum Funktionieren brachte. Aus diesem Grund studierte ich ja schließlich auch Naturwissenschaften.

/Etwa zwei Tage nachdem wir Freundschaft geschlossen hatten, saß ich auf dem Bett und grübelte mit gerunzelter Stirn über einer mir völlig unbegreiflichen- und meiner Meinung nach absolut sinnlosen- Gleichung.
Gepeinigt rieb ich mir mit Zeige- und Mittelfingern die schmerzenden Schläfen und schloss meine vor Anstrengung brennenden Augen. Mathematik bereitete mir immer Kopfschmerzen, obwohl ich eigentlich recht gut darin war. Aber manche Aufgaben waren einfach zu kniffelig.
Über einer dieser scheinbar komplexen, sich immer wieder einer Lösung entziehenden, absolut nervenaufreibenden Aufgaben brütete ich und hätte am liebsten sämtliche Unterlagen den Flammen im Kamin zum Fraß vorgeworfen.
Längst tanzten die Zahlen höhnisch vor meinen Augen und schienen sich in Zeichen einer mir unbekannten Fremdsprache zu verwandeln.
Ein gequältes Stöhnen entrang sich meiner Kehle. Ich brauchte diese Hausübung zur nächsten Stunde und die war schon am nächsten Tag.
"Alex? Geht's dir nicht gut?", hörte ich Xela von der gegenüberliegenden Seite des Raumes vorsichtig fragen.
Überrascht fuhr ich aus meiner Grübelei hoch und sah direkt in Xela's besorgtes Gesicht. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass es zwischenzeitlich dunkel geworden war.
"Huh?....Nein....Ich meine ja. Ich verzweifle einfach über diesem Beispiel hier", brachte ich versucht beschwichtigend zu Stande.
Ich glaubte mich im nächsten Moment verhört zu haben als mein Spiegelfreund anbot: "Zeig mal her!" Abwiegelnd hob ich die Hände und lehnte sein Angebot möglichst freundlich ab: "Das ist wirklich nett Xela, aber ich denke nicht, dass du mir hiermit helfen kannst!" Immerhin hatte er mir selbst erzählt, dass sich seine Welt auf einem ziemlich niedrigen Wissensstand befand.
Erstaunt beobachtete ich wie er mich fest ansah und mich noch mal um das Heft bat.
,Er meint es wirklich ernst.' Seufzend gab ich nach, ich konnte sowieso kaum noch sitzen und auf dem Weg zum Spiegel könnte ich mich wenigstens etwas bewegen. Ich hoffte nur Xela würde nicht allzu enttäuscht sein, wenn er erkannte, dass sich diese Aufgabe über seinem Horizont befand.
Schweigend hielt ich ihm das Heft so hin, dass er den Inhalt gut sehen konnte und wartete.
Kaum einen Blick darauf werfend, sah er kurz hoch und meinte: "Angewandte Mathematik?" Verblüfft sah ich ihn an, aber er hatte seine Aufmerksamkeit schon wieder der Aufgabe zugewandt. Ob er davon wirklich was verstand?
Nicht mal eine Minute später blieb mir vor Staunen der Mund offen stehen.
Xela hatte mir soeben die vorgegebene Lösung genannt.
Ich gaffte ihn wohl eine weitere Minute lang völlig erstaunt an.
Ich muss recht doof ausgesehen haben als ich dann auch noch zu stammeln begann.
"A...aber ich dachte...du sagtest doch...das ihr..ähm..zurückgeblieben seid!
" Als Antwort auf diese wenig schmeichelhafte Bezeichnung hob Xela nur eine Augenbraue und sah mich gespielt herablassend an.
"Wir sind vielleicht zurückgeblieben, aber noch lange nicht blöd!", sprachs und verschränkte die Arme vor der Brust.
,Au ich Esel! Das war wieder sehr klug!', schimpfte ich mich in Gedanken selbst. Laut sagte ich: "So hab ich das nicht gemeint. Und das weißt du auch." "Du hast ja recht!", überraschte er mich mit dieser Zustimmung und ich sah wie sich seine Miene verdunkelte und er zur Seite blickte.
"Alle liegen Ba'rak zu Füßen und geben keinen Deut darum sich zu bilden. Sie sind ihm verfallen. Das ganze Pack", meinte er bitter.
,Deshalb dulden diese Menschen also die Ba'rak ohne auch nur zu versuchen Widerstand zu leisten.', dachte ich. ,Sie sind selbst Anhänger dieses Kults!
' "Aber wie....?", murmelte ich, staunend über Xela's mathematische Kenntnisse.
Er schien meine Gedanken zu erraten, als er mir traurig lächelnd auf meine unvollendete Frage antwortete.
"Ich habe dir doch erzählt, dass einige Leute versuchen verlorenes Wissen wiederzuentdecken. Zufällig gehörte mein Großvater einer gewissen geheimen Gruppe an. Er nahm mich häufig mit, wenn er auf mich aufpassen sollte." Nach einer bedeutungsvollen Pause fuhr er fort: "Sagen wir einfach ich war ein guter Zuhörer!", verschwörerisch zwinkerte er mir zu.
Endlich fiel bei mir der Groschen, dieses Zwinkern hatte mich kurzzeitig durcheinander gebracht.
"Du gehörst dieser Gruppe an?", schlussfolgerte ich.
Schweigend nickte er nur kurz, verneigte sich elegant und fügte dann leise, sodass nur ich es hören konnte hinzu: " Fachgebiet Physik und Alchemie!
Jüngstes Mitglied der Gabeira Gruppe. Stets zu Diensten!" Den letzten Satz hatte er leicht spöttisch ausgesprochen und als er sich gleich darauf wieder aufrichtete sah ich ein schelmisches Funkeln in seinen Augen.
Xela war und blieb ein Rätsel für mich. Ein wahres Enigma.
Langsam reichten mir die Überraschungen für einen Abend.
Schließlich half Xela mir dabei die Aufgabe zu lösen und ich konnte einfach nicht fassen wie gut und schnell er im Rechnen war- und das ohne Hilfsmittel. Der Mensch war ein mathematisches Genie, gab ich nicht ganz neidlos zu. Von wegen ungebildet, Xela hätte in meiner Welt im Handumdrehen einen Doktortitel.
Am nächsten Morgen konnte ich meine Arbeit- dank Xela's Hilfe- doch zeitgerecht abgeben./
Endlich war ich am Haupteingang des Hauses in dem meine Wohnung lag angekommen und klopfte den Schnee von meiner Kleidung und den Stiefeln. Ich stapfte über das Treppenhaus hoch in den vierten Stock und nahm die Post aus meinem Briefkasten. Die Tür aufsperrend balancierte ich Post und Einkäufe so gut ich konnte, schlüpfte durch die Tür und schob sie mit einem Fuß zu.
Nun, das hätte ich nicht tun sollen, den durch die Gewichtsverlagerung verlor ich mein Gleichgewicht und, um nicht selbst zu fallen, ließ ich meine Anhängsel fallen, die gleich darauf über den Fußboden schlitterten.
Nach einer kurzen Bestandsaufnahme des Schlamassels kam ich zu dem Schluss, dass glücklicherweise nichts kaputt gegangen war.
Ärgerlich über meine eigene Schusseligkeit begann ich die auf dem Boden verstreuten Sachen aufzuheben.
Dabei fiel mir, gegen Ende der Aufräumaktion, eine Weihnachtspostkarte in die Hände. Sie zeigte ein Weihnachts- Pin-up, komplett mit hautengem, äußerst knappen, rot-weißen Nikolausdress inklusive Zipfelmütze und Stechpalmzweig.
,Typisch! Das sieht mir ganz nach Lenni's Handschrift aus!', dachte ich wenig begeistert. Ich drehte die Karte um und las sie.
,Ja, ohne Zweifel mein lästiger Ex-Mitbewohner!' Aufseufzend schenkte ich der Bildseite noch einen Blick. Irgendetwas daran hatte meine Aufmerksamkeit erregt.
Einen Moment lang grübelte ich darüber nach was es sein könnte.
Das Mädchen mit dem dunklen, langen Haar und den hellblauen Augen sah niemanden den ich kannte ähnlich, und doch blieb mein Blick an ihrem Gesicht hängen. Es zeigte ein zutiefst freudiges Lächeln und diese Freude spiegelte sich in ihren lebhaft glitzernden Augen wieder.
,Wenn ich bloß Xela so lächeln sehen könnte!", dachte ich etwas bedrückt und ich erkannte, dass es das gewesen war was mich an dem Bild fesselte. Das Lächeln. Xela's Lächeln, nur mit dem Unterschied, dass es nie seine Augen erreichte. Es lag zuviel Traurigkeit in seinem Blick- was kein Wunder war- und ich wünschte ich könnte das ändern.

Apropos Xela. Langsam machte ich mir wegen des bevorstehenden Weihnachtsfestes Sorgen. Ich würde wie jedes Jahr die Ferien bei meinen Eltern verbringen und Xela wäre wieder ganz allein für sich. Der Gedanke behagte mir ganz und gar nicht, aber es ging leider nicht anders. In drei Tagen war es schon soweit und es wurde langsam höchste Zeit, dass ich ihm die Neuigkeit mitteilte.
,Wenn ich bloß wüsste wie ich ihm das beibringen soll', dachte ich besorgt.
Draußen war es stockfinster und ich entledigte mich so schnell es ging meiner Winterklamotten. Während ich Mantel und Schal aufhing rief ich in Richtung Schlafzimmer: "Bin gleich da!" Kurze Zeit später betrat ich selbiges. Im Gegensatz zu sonst war es auch finster, kein schlafstörendes Mondlicht erhellte den Raum.
,Herrlich! Endlich wieder schlafen können.', dachte ich flüchtig und sah in den Spiegel um Xela zu begrüßen. Wie vom Donner gerührt blieb ich geschockt davor stehen. Nur mein Ebenbild starrte mir entgegen.

Das ,Fenster' hatte sich geschlossen.





10. Holiday

Weihnachten und Neujahr waren vorbei und ich konnte mich nicht erinnern diese Zeit des Jahres je so trostlos und langweilig empfunden zu haben.
Alles war wie immer. Meine Eltern hatten sich über mein Geschenk- Sonderprägungen, beide waren Münzsammler- gefreut und wie jedes Jahr meinten sie mein Besuch wäre das schönste Geschenk überhaupt. Wie Eltern nun mal so sind.
Ich liebe sie wirklich, aber dieses Jahr konnte mich nichts so richtig aufheitern.
Etwas fehlte und ich wusste auch ganz genau was es war. Xela. Ich hatte mich in dieser kurzen Zeit schon viel zu sehr an ihn gewöhnt um ihn nicht zu vermissen. Oft fragte ich mich wie es ihm wohl ging.
Ich besuchte auch nicht wie sonst alte Freunde, mir fehlte einfach die Lust dazu. Natürlich fiel meinen Eltern mein seltsames Verhalten auf und fragten mich was mich bedrückt. Ich hatte ihnen nie etwas vormachen können also gestand ich wahrheitsgemäß, dass ich einen sehr guten Freund verloren hatte und schrecklich vermisste. Das war natürlich die editierte Fassung der Geschichte. Ich hätte ihnen kaum die ganze Wahrheit erzählen können.
Daraufhin ließen sie die Sache ruhen und fragten mich nicht weiter danach aus.
Neujahr verbrachte ich ebenfalls daheim und auch wenn eine Steigerung kaum noch möglich war, vermisste ich Xela's Gesellschaft immer mehr. Wer hätte auch gedacht, dass wir nur sowenig Zeit miteinander haben würden. Zum wiederholten Mal ärgerte ich mich soviel kostbare Momente vertan zu haben.
Es war einfach ungerecht! Jetzt nachdem wir Freundschaft geschlossen hatten, sollte alles wieder vorbei sein? Wieso dann das alles? Wo lag der Sinn?
Ein halbdurchlässiges Spiegelfenster in eine andere Welt, dass Geräusche und manchmal sogar Emotionen durchließ, aber dennoch eine undurchdringliche Wand darstellte. Vor allem für Xela musste es hart sein, die Freiheit vor Augen, aber unfähig sie zu erlangen.
Manchmal denke ich, es wäre besser gewesen, wenn das alles nie passiert wäre. Aber dann denke ich wieder, dass ich Xela sonst nie kennengelernt hätte und das wäre schade gewesen.
Wie auch immer, nun war es zu spät.
Die Ferien waren zu Ende und in zwei Tagen begann wieder der Unialltag.
Gegen Abend schloss ich die Tür zu meiner Wohnung auf und seufzte niedergeschlagen als mir leise Musik vom Schlafzimmer her entgegentönte. Ich hatte die Stereoanlage jede Nacht per Zeiteinstellung laufen lassen für den Fall das Xela noch immer Kontakt zu meinem Zimmer hatte, in der Hoffnung, dass er sich nicht ganz so allein fühlte. Das war mein bescheidenes Weihnachtspräsent an ihn.
Obwohl ich ihn nicht mehr sehen und hören konnte, war ich mir sicher, dass er immer noch da war. Ich konnte immer noch seine Anwesenheit spüren.
Auch dieses Mal ließ mich dieses Gefühl nicht im Stich als ich das Schlafzimmer betrat. Als wäre er immer noch hier bei mir begann ich zu erzählen was ich in den letzten paar Tagen erlebt hatte und packte dabei meine Sachen aus. Ich stand mit dem Rücken zur Spiegelwand und rannte zwischen Bett und Schrank hin und her um die, von meiner Mutter frisch gewaschene Wäsche darin zu verstauen.
Ich schilderte Xela mein Weihnachtsfest und die Silvesternacht. Erklärte nebenbei beides als mir aufging das er diese Feste vielleicht gar nicht kannte. Ich beschrieb ihm meine Eltern, gestand wie gerne ich ihn dabei gehabt hätte und während ich erzählte vergaß ich dabei völlig, dass er gar nicht mehr bei mir war.
Schließlich enttäuscht, dass er gar nichts zur Unterhaltung beitrug, drehte ich mich zum Spiegel um. Zu deutlich wurde mir wieder das leere Zimmer bewusst und ich fröstelte innerlich. Ganz allein stand ich inmitten meines Schlafzimmers und starrte verloren auf mein eigenes Spiegelbild.
,Gott, ich vermisse ihn wirklich!', dachte ich schmerzlich.
,Ob ich ihn wohl jemals wiedersehe?'


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