Titel: Unerreichbar nah
Autor: Whisper
Teil: 04/11

Genre: Fantasy
Rating: MA
Copyrights: Alles meins!!!!! Sugar and flames immer herzlich willkommen!--->Karamel mjam!^-^
Warnung: wird pro Teil einzeln gewertet
Kommentar: Meine Debutstory!......ein Wechselbad der Gefühle! *eg*

"blabla" Gesprochenes
,blabla' Gedanken
,Wort' Betonung
/blabla/ Erinnerung


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Rotes Mondlicht auf reflektierendem Spiegelglas.
Sehnsucht und Verlangen zum Greifen nah.
--- Unerreichbar nah ---

UNERREICHBAR NAH

7.Sorry

Die Arme hinter meinem Kopf verschränkt lag ich in meinem Bett und starrte schlaflos an die Zimmerdecke über mir, als mir dieser Gedanke kam.
"Eine Zelle!", wiederholte ich ungläubig, leise flüsternd.
Aufstöhnend schlug ich mir die Hände vors Gesicht und strich mir einen Moment später mit den Fingern durchs Haar. Jetzt verstand ich endlich, weshalb er mich gleichzeitig hoffnungsvoll und verzweifelt angesehen hatte.
Dieser Blick, der mich nicht losließ.
,Er muss unglaublich einsam sein.', kam mir die Erkenntnis. Ich Trottel erkannte erst jetzt wie grausam ich gewesen war als ich den Spiegel verhängt hatte. Gleichzeitig hatte ich damit ja seinen einzigen Zugang - sein Fenster - zur Außenwelt blockiert. Selbst wenn es eine andere Welt als die Seine war. Um so mehr wunderte ich mich, dass er nicht versucht hatte mich von meinem Vorhaben abzubringen. Ich musste ihn mit meinem Verhalten wirklich sehr verletzt haben. Ich hatte ihm nicht einmal die Möglichkeit gegeben sich zu verteidigen oder seine Sicht der Dinge zu erklären, ganz zu Schweigen davon, dass ich seine - und meine - Chance etwas über die jeweilig andere Welt in Erfahrung zu bringen, zunichte gemacht hatte.
Völlig abgesehen davon, wurde mir bewusst, dass ich mich weit mehr für Xela selbst interessierte, als für seine Welt. Er hatte irgendetwas an sich, dass mich anzog, faszinierte - mich reizte es diese Person besser kennen zulernen.
Neugierde des Wissenschaftlers in mir, oder doch echtes Interesse an ihm?
Ich konnte es beim besten Willen nicht sagen.
Aber erst musste ich mich entschuldigen, ich hoffte nur, dass er mir verzieh.
Auf den Gedanken, dass er irgendetwas Schreckliches angestellt haben könnte - umsonst saß man schließlich nicht im Gefängnis - kam ich nicht. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass diese Augen die eines Verbrechers sein sollten. Geheimnisvoll, rätselhaft und unglaublich schön ja, aber nicht böse oder hinterhältig.

Ich hatte schon viel zuviel Zeit mit meiner Dummheit und Sturheit verplempert und so schlug ich resolut die Bettdecke zurück und sprang aus dem Bett. Entschlossen stapfte ich barfuss den kurzen Weg bis zum Spiegel, ohne mir etwas über meine rot-schwarz karierten Boxershorts anzuziehen und riss die vier großen Bettlaken mit Schwung herunter. Mir schien als würde ich eine selbsterrichtete Mauer niederreißen - was es ja eigentlich auch war.
Neugierig starrte ich danach in die dunkle Räumlichkeit jenseits der im Mondlicht schimmernden Glasfläche. Zum ersten Mal nahm ich die Zelle bewusst wahr. Die Wände bestanden - wie ich mich erinnert hatte - aus grob behauenen, zusammengemörtelten Steinen, der Boden ebenfalls. Mir gegenüber sah ich schwach die Umrisse einer schweren Eisentür, gleich links daneben lagen - so wie es aussah - ein paar Decken auf dem Boden, die offensichtlich die Schlafstelle bildeten. Darüber befand sich jenes vergitterte Fenster an das ich mich als erstes erinnert hatte und ließ seinerseits die Strahlen des Mondes ein. Darüber hinaus sah ich nichts.

Etwas irritiert sah ich mich um. Kein Xela! Wo war er?
Flüchtig dachte ich daran, dass sie ihn vielleicht geholt hatten - wer immer SIE auch waren.
Suchend schweifte mein Blick durch die gesamte Zelle, bis er an etwas silbrig Glänzendem hinter einem, mir uneinsichtlichem Mauervorsprung haften blieb.
Xela's Haare! Da war ich mir ziemlich sicher. Etwas beruhigt, dass er noch immer hier war atmete ich ein paar mal tief durch, bevor ich mich aufraffte und ihn ansprach.
"Xela?" Keine Reaktion, schlief er etwa?
"Hey Xela!", versuchte ich es noch einmal, diesmal etwas lauter.
Eine kleine Bewegung - als würde er sich noch mehr zusammenkauern.
"Komm schon Xela! Ich weiß doch das du da bist! Rede mit mir!", sprach ich ihn erneut an.

"Was habe ich Euch nun schon wieder getan?", kam die dumpf klingende, trotzige Antwort.
Erleichtert atmete ich aus, zumindest hatte er geantwortet. Am liebsten hätte ich mir gleich selbst eine Ohrfeige verpasst für die plumpe Art in der ich ihn angesprochen hatte. Wieso sagte ich auch schon wieder etwas das wie ein Befehl klang? ,Rede mit mir!' Ganz toll Alex!
"Xela, hör mir bitte zu.", begann ich zaghaft. Ich war wirklich nicht gut in Entschuldigungen, aber da musste ich durch.
"Er...tut mir wirklich leid was ich zu Dir gesagt habe! Ehrlich! Ich hätte Dich nicht so anschreien dürfen....und die Sache mit dem Spiegel...", verzweifelt raufte ich mir die Haare," was ich damit sagen will...entschuldige bitte!" Nach einer kurzen Pause fuhr ich zögerlich fragend fort: "Meinst du...wir könnten noch mal von vorn anfangen?" Geduldig wartete ich auf seine Reaktion - hoffte auf irgendeine Reaktion.
Eine Minute später sah ich wie Xela unbeholfen aus seiner hockenden Stellung aufstand und etwas ungelenk zu mir rüberkam.
,Mein Gott! Wie lange hat er da wohl schon so gesessen?', ging es mir bei diesem Anblick durch den Sinn.
Einen halben Schritt vor dem Spiegel blieb er stehen und sah mich mit einem undeutbaren Blick an, dann nickte er leicht.

Mir fiel ein Stein vom Herzen. Erst als ich erleichtert ausatmete, bemerkte ich, dass ich gespannt die Luft angehalten hatte. Dankbar lächelnd legte ich meine Hand mit gespreizten Fingern flach auf die Glasscheibe.

"Ich bin Alex! Freut mich Dich kennenzulernen!", stellte ich mich - das Dich betonend - von Neuem vor.
Nach kurzem Zögern legte dann auch Xela seine Hand direkt über meine auf der anderen Seite des Spiegels und sah mich mit freudeglänzenden Augen an.
Bei diesem Blick machte mein Herz einen Satz. Ich hatte es geschafft.
"Xela.", nannte er noch mal mit sanfter Stimme seinen Namen. "Freut mich auch Dich zu treffen.", nahm er die Anrede an.

Da stand ich nun Auge in Auge, Hand an Hand mit dem faszinierendsten Wesen, dass mir je begegnet war und beobachtete zum ersten Mal wie sich ein kleines Lächeln auf seine Lippen schlich.





8. Freunde

Es dämmerte bereits als ich langsam von meinem Platz vor dem Spiegel aufstand und mich reckte. Die ganze restliche Nacht hatte ich mich mit Alex unterhalten.
Schließlich mit Einbruch der Dämmerung, verblasste die Sicht ins andere Zimmer und verwandelte mein Fenster wieder in das was es eigentlich war: ein normaler Spiegel.
Erst jetzt bemerkte ich, dass es weitaus kälter geworden war. Mir fröstelte und ich tapste über den eiskalten Steinfußboden zu meiner Schlafstelle, nahm die wärmere und bessere der beiden Decken auf und wickelte sie eng um meinen vor Kälte schlotternden Körper.
Neugierig stellte ich mich auf die Zehenspitzen und blickte aus dem vergitterten Fenster.
Es hatte - von mir unbemerkt - über Nacht geschneit, alles war mit einer zentimeterdicken Neuschneeschicht überzogen. Der erste Schnee in diesem Jahr.
Von meinem Turm aus hatte ich gute Sicht auf den Burghof, die mit Schnee überzuckerten Dächer der Nebengebäude, wie auch auf die umstehenden Häuser jenseits der Burgmauer, sogar bis zum nahen Wäldchen. Dieses Jahr hatte es spät geschneit, immerhin hatten wir - nach meiner Zeitrechnung - schon fast Mitte Dezember. Irgendwie verlor man hier das Zeitgefühl, ich orientierte mich nur noch grob an den Jahreszeiten und am Vollmond, daher vermutete ich auch diesen Zeitraum. Der Mond war noch nicht ganz voll, also noch nicht Mitte des Monats.
Der Schnee verlieh der Umgebung eine ruhige, friedliche Atmosphäre, aber der Schein trügte.

Im Anblick, der immer noch im Dunklen liegenden Schneefläche versunken, erinnerte ich mich an das Gespräch, dass ich mit Alex in den vergangenen Stunden geführt hatte.
Froh über seinen Sinneswandel hatte ich seine Entschuldigung akzeptiert. Es schien mir nicht lohnenswert meinerseits eingeschnappt zu sein - zu kostbar war dieses unerwartete Geschenk des Schicksals.
Im Laufe der Nacht redeten wir über die unterschiedlichsten Dinge und ich kam zu den Schluss, dass meine erste Einschätzung doch zugetroffen hatte.
Alex war wirklich nett.
Ich hatte während unserer Unterhaltung erfahren, dass er von zu Hause weggezogen ist um in der Stadt zur Universität zu gehen. Das Wort war mir unbekannt, sodass es Alex mir als einen Ort an dem man Wissen übermittelt beschrieb.
Danach erzählte er mir einige lustige Geschichten über seine Ex-Mitbewohner im Studentenheim - der Ort an dem er bis jetzt gelebt hatte- und wie glücklich er sich geschätzt hat diese Wohnung, inklusive des Spiegels, bekommen zu haben.
Schließlich fragte er dann mich aus.
Ich berichtete ihm kurz, dass ich einen Vater hatte, von dem ich allerdings nicht wusste wo er war oder wie es ihm ging. Ich weiß nicht mal ob es ihn interessieren würde, dass ich noch lebe. Schnell und unauffällig hatte ich das Gespräch dann von mir abgelenkt. Zu schmerzlich war die Erinnerung an die Geschehnisse vor fünf Jahren um daran zu denken, oder sie einem anderen zu erzählen.

Alex war trotz seiner Neugier verständnisvoll genug gewesen nicht weiter nachzuhaken, wofür ich ihm dankbar war. In einer Art stummen Einverständnis mieden wir auch das Thema meiner Gefangenschaft, er konnte sich wahrscheinlich denken, dass ich nicht gern darüber reden würde. Hätte er gefragt, wäre ich auch gar nicht in der Lage gewesen, es ihm zu erklären.
Immerhin habe ich selber keine Ahnung, weshalb ich in diesem Loch sitze.
Stattdessen schilderte ich ihm die Situation in meiner Welt, soweit sie mir bekannt war, nachdem er danach gefragt hatte...nun ja, nicht direkt gefragt...


/"Es funktioniert also doch! Wenn ich das bloß Jester erzählen könnte!", hatte ich begeistert gerufen, als Alex einen kleinen Schalter neben seinem Bett betätigte und daraufhin ein Licht anging.
"Was?", hatte er verwundert gefragt und sich wieder vor dem Spiegel auf den weichen Teppichboden seines Schlafzimmers gesetzt.
"Elektrizität! Er arbeitete gerade daran, als sie mich erwischten. Alle hielten ihn für einen Spinner, aber er war ein Genie!", hatte ich ihm mitgeteilt.
"Ihr..habt keinen Strom?", war Alex perplexe Gegenfrage gewesen.
"Nun ja....angeblich hatten wir mal welchen. Ich habe mal davon gehört, aber wirklich wissen tue ich es nicht.", hatte ich etwas unsicher eingestanden.
"Wie das?", hatte Alex verduzt wissen wollen, sodass ich nach einem tiefen Atemholen die Geschichte, - soweit ich sie kannte -, erzählte.
"Vor einigen hundert Jahren soll dieses Land sehr fortschrittlich gewesen sein. Ständig wurde irgendetwas Neues entdeckt oder erfunden, bis...ja bis wir von Ba'rak's Horden überrannt wurden. Seither leben wir hier im tiefsten Mittelalter. So hat es mir wenigstens meine Großmutter erzählt.", hatte ich seufzend und achselzuckend geendet.
"Einige wenige sind zwar mutig genug und versuchen das verlorene Wissen wiederzugewinnen, aber das ist lebensgefährlich, da die Ba'rak jeglichen Fortschritt gewalttätig unterbinden.", fügte ich hinzu.
"Die Ba'rak. Wer sind die?", hakte Alex mit gerunzelter Stirn nach.
"Monster in Menschengestalt! Sie verehren ihren blutrünstigen Gott und vernichten alles, von dem sie denken, das es ihm missfallen könnte. Tiere, nichts weiter! Sie sind schmutzig, stinken zehn Meilen gegen den Wind und denken Manieren wären was zum Essen. Sie sind nur aufs Töten aus. Je grausamer und brutaler, desto besser.", eröffnete ich ihm mit tonloser Stimme in der mein Hass auf diese Kreaturen mitklang./


Zu viele hatte ich schon sterben sehen. Ich hasste Ba'rak's Horde aus tiefstem Herzen, aber was hätte ich schon tun können. Bitter lachte ich über mich selbst und dieser Laut riss mich aus meinen düsteren Gedanken zurück in die Gegenwart. Zurück in die Kälte, zurück vor mein vergittertes Fenster.
Die eisige Luft tief einatmend, blickte ich nun wieder bewusst aus dem Fenster und wurde Zeuge des Sonnenaufgangs. Gleißend hell glitten die Strahlen der Sonne über das unberührte Schneefeld unter mir, vertrieb die schlechten Gedanken und heiterte mich etwas auf.
Heute würde ein schöner, sonniger Wintertag werden.
Irgendwie erinnerte mich dieser ruhige, friedliche, hoffnungsfroh wirkende Anblick der noch schweigenden Winterlandschaft an Alex.
Wärme, die nichts mit der dünnen Decke um meinen Schultern oder den Strahlen der Sonne zu tun hatte, erfüllte mich.

/Kurz bevor die Dämmerung den Kontakt brach, hatte sich Alex im Schneidersitz nach vorn gebeugt und mich erwartungsvoll angesehen.
"Freunde?", hatte er mir breit lächelnd angeboten.
"Freunde!", hatte ich freudig akzeptiert./
Ich lächelte wieder als ich mich vom Fenster abwandte und mich, um noch etwas zu schlafen, auf der zweiten Decke zusammenrollte.
Ich hatte einen neuen Freund gefunden.


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