Titel: Blindes Huhn sucht Korn
Autoren: Leschi und Nanna
Teil: 03/??

Genre: Komödie
Rating: PG
Copyrights: Original! Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind rein zufällig und nicht gewollt!
Warnung: Öhöm, gober Unfug
Kommentar: Das unser erstes Rollenspiel. Bitte nicht wundern, wenn es etwas verwirrend ist.
Inhalt: Seit einem Jahr lebt Marco zusammen mit seiner älteren Schwester Madelaine in einer Art WG. Zu seinem Bedauern hat Maddy nun beschlossen, für das kommende Jahr nach Indien zu gehen. Aber das ist noch nicht mal das Schlimmste, sondern der Nachmieter. A.L.E.X.A.N.D.E.R. W.Ü.S.T.M.A.N.N.

"bla" - Gesprochenes
/bla/ - Gedachtes
'Wort' - Betonung
*°* - kurzer Zeitsprung
°**°**°**° - lange Zeitsprung


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Gähnend streckte sich Marco. Soeben aus seinen Träumen erwacht, fühlte er sich frisch und ausgeruht. Wochenende. Elanvoll sprang er aus dem Bett und schnappte sich ein paar Freizeitklamotten. Dann ging er ins Bad, schloss in Gedenken an Alex die Tür ab und stellte sich unter die Dusche.

Der nächste Morgen kam für Alex mit einem bösen Erwachen. Er fühlte sich wie ein Blatt Papier, geschöpft, gepresst und zusammengefaltet. Sein Rücken schmerzte und sein Kopf war seltsam leicht. Als er sich umsah erkannte er, dass er statt im Bett auf der Couch lag. Aber warum? Erst nach und nach kamen seine Erinnerungen zurück. ... Kühlschrank ... Kuchen ...Schlaftabletten ... Marco. Marco? Ach ja, genau. Das würde er ihm heimzahlen.
Langsam setzte er sich auf und trottete zum Bad. Kühles, klares Wasser war in diesem Moment genau das Richtige. Am Bad angekommen versuchte er die Tür aufzumachen. Doch, es ging nicht. "Wieso klemmt das Ding jetzt." Mit einem Hauch mehr geballter, roher Gewalt stemmte er sich gegen Klinke und Tür und versuchte sein Glück erneut. Diesmal schien es zu funktionieren. Es knackte und brach zwar etwas, doch das störte ihn wenig. "Die Tür muss sich mächtig verzogen haben. Dieser kleine Stachelgnom hat aber auch keinen blassen Schimmer vom Handwerk." Mit Schwung riss er die Tür auf und ging schnurstracks in den kleinen Raum.
Doch, durch einen spitzen Schrei fuhr er erschrocken zusammen und drehte sich in Richtung Duschnische, in der ein hochrot angelaufener Marco stand und verzweifelt versuchte mit seinen Fingerspitzen an den Stapel Handtücher zu kommen, der einen Tick zu weit entfernt lag.

Dieser zeterte auch gleich los. "Sag mal spinnst du. Die Tür war nicht umsonst abgeschlossen, du Spanner. Bei dir hakt's wohl. Die reparierst du. Dass dir das klar ist." Mittlerweile war er aus der Dusche gekommen und hatte sich eines der Handtücher um die Hüften gewickelt. Die Augen waren zu schmalen Schlitzen verengt. "Los raus hier. Ich will meine Ruhe im Bad haben. Auch wenn ich es schon verstehe, dass du unbedingt meinen Superbody bewundern willst. Aber nicht JETZT." Schon war er bei Alex und drückte ihn rückwärts aus dem kleinen Zimmer. Dann warf er die Tür in das nun zertrümmerte Schloss und ging zum Waschbecken. Jetzt hieß es erst mal in der nächsten halben Stunde die Haare nach dem Waschen wieder in Form zu bringen. Summend machte er sich frisch ans Werk.

Na Moment mal, wie sollte Alex denn wissen, dass die Tür zugeschlossen war? Das konnte er sich nicht gefallen lassen. Nicht schon wieder und vor allem nicht von diesem abgebrochenen Zwerg. Hoch erhobenen Hauptes stolzierte er wieder zurück ins Bad. Die Tür hinderte ihn ja nun nicht mehr daran.
"Wegen dir bin ich ja überhaupt in diesem Zustand der Unzurechnungsfähigkeit. Also, du gehst!" Jetzt war Alex daran den Kleineren aus der Tür zu schieben. Nur fing der kleine Knirps an sich aus Stimm- und Leibeskräften zu wehren. "Was glaubst du eigentlich, wer du bist? Das ist immerhin noch auch MEIN Bad. Und nimm deine Pfoten von mir."
Doch der Schwarzhaarige schnappte sich einfach etwas Watte, stopfte sie sich in die Ohren, schulterte dann den noch nicht so ganz stachligen Gnom samt seines geliebten Gels und setzte ihn vor die Tür. Dann verrammelte er sie mit einem Stuhl, da es draußen schon wieder erstaunlich laut geworden war.

"Lass mich ins BAD oder ich misch dir Arsen in deinen Kaffee, wenn du mal nicht hinguckst. Los, mach die Tür auf." Wütend trat Marco mit dem Fuß gegen die Tür nicht daran denkend, dass er kein schützendes Schuhwerk trug. Laut jaulte er auf und hüpfte fluchend durch den Flur mit einer Hand den lädierten, großen Zeh haltend. Dabei eierte er so sehr, dass er mit dem Kopf an die Wand ditschte. Schnell ließ er den Zeh Zeh sein und rieb sich an der Schläfe noch lauter auf den Schwarzhaarigen fluchend. Schließlich zog er in sein Zimmer ab, um sich anzuziehen und nach Lust und Laune zu schmollen. Dies war seit Monaten der schlechteste Morgen. Und das nur wegen diesem Großkotz.

Der vermeintliche Großkotz widmete sich derweil seiner Morgentoilette. Ein Blick in den Spiegel zeigte ihm, dass er nach seinem langen Nickerchen wenigstens keine Augenringe hatte. Immerhin etwas, über das er sich freuen konnte. Dann zog er sich aus und schmiss seine miefenden Klamotten auf einen Haufen. Als er an sich herunter schaute, fielen ihm die sehnigen Muskeln auf. Manchmal fragte er sich, wo genau diese besagten Muskeln überhaupt her kamen. Hatten sie sich irgendwie versteckt und an seinem 15. Geburtstag beschlossen, dass sie ihn mal heimsuchen sollten? In der Art: "Hallo Alex, ab jetzt wirst du uns wohl herumschleppen müssen." Allerdings konnte der Große sich keinen schlüssigen Reim auf deren Herkunft machen. Vom Gummibärchen-Stämmen werden sie ja wohl kaum gekommen sein. Also entweder er sportwandelte in der Nacht, oder dieses ganze Ertüchtigungsgerede war doch nur Humbug. Es war durchaus nicht so, dass Alex unsportlich war. Er hatte nur andere Hobbies. Tarot zum Beispiel. Genau, das Tarot spielen muss es sein. Das ganze Mischen und Legen schult unwahrscheinlich die Motorik und bringt auch den Körper in Schuss.
In seinen Gedanken versunken spazierte er unter die Dusche und drehte das Wasser auf. Als er fertig war schnappte er sich noch schnell eines der Handtücher und band es sich um die Hüften, stopfte seine muffigen Sachen noch in den dafür vorgesehenen Korb und schließlich und endlich ging er auf den Flur in Richtung Küche. Ein nun doch Stachliger kleiner Mitbewohner saß schon am Tisch und mampfe.

Oh ja. Bereits sein drittes Brötchen. Frustessen war angesagt. Nicht nur, dass sein morgendliches Waschritual gestört wurde und er etliche fast tödliche Verletzungen davon getragen hatte, nein, es war auch noch seine Lieblingsmarmelade alle gewesen. Also musste die Nutella herhalten, die er im Schrank gefunden hatte. Zwar wusste er nicht woher sie kam, aber wie er sie stark dezimieren konnte. Nämlich mit einem vierten Brötchen, welches er sich gerade fingerdick mit eben jenem Aufstrich beschmierte und genüsslich von abbiss. Da waren ihm jetzt mal ausnahmsweise sämtlich Ernährungstabellen und auch der halbnackte Traumtyp, der gerade in seine Küche spazierte total egal. /Hä? Moooment. Traumtyp? Alex?? War was in der Nutella drin??? Ach ist doch schnuppe. Einfach ignorieren./ Noch beim vierten Brötchen, erspähte er schon Nummer fünf und griff in den Brötchenkorb.
Doch noch bevor er sich das Brötchen schnappen konnte, prangte nur noch ein leerer Fleck im Korb. Diebe! Die Nutella war auf einmal auch verschwunden. Wo war sie? Ein Blick nach oben zeigte einen leicht angesäuerten Grizzly mit samt Beute. "Na? Schmeckt dir MEINE Nutella? Das nächste Mal kaufe ich zwei Gläser, das Eine stelle ich in den Schrank und veredele es noch mit etwas Salz, während ich das andere knirpssicher verstecke!" Alex ließ sich auf den freien Platz nieder und sicherte sich den Korb mit den restlichen Brötchen. "Aber danke, dass du mir Brötchen gekauft hast. Langsam scheinst du Manieren zu entwickeln. Du kennst das Motto ja: Respekt vor dem Alter." Der Grauäugige griff in den Korb und nahm sich eines der Brötchen. Das Beste war, sie schmeckten auch noch so wunderbar, wie sie aussahen. Vor allem mit Nutella. Schmatzend saß er da und freute sich seines Schokoaufstriches.

Aber nun hörte ja alles auf. Kochend stand er auf. "Sag mal, ist es jetzt bald mal genug. Verdammt, es tut mir ja leid, dass ich deine Lampe umgeschmissen habe. Okay? Also hör auf mich wie einen kleinen Schmarotzer zu behandeln. Das mit dem Kuchen war auch kein Attentat auf dich. Wenn du es unbedingt wissen willst: Es war als kleine Rache für nen Kumpel gedacht, der mir heimlich Zahnpasta ins Gesicht geschmiert hat, als ich mal bei ihm geschlafen hatte, und das fotografiert hat. Es hat dich ja keiner gezwungen, das Stück zu essen. Und ich hab dich nicht heut morgen ahnungslos im Bad überfallen und auch nicht die verschlossene Tür zertrümmert. Und ich hab dir auch nicht mit Absicht die Nutella geklaut. Entschuldige, ich werd nie wieder was anrühren, ohne dich vorher gnädigst um Erlaubnis gebeten zu haben. Zufrieden? Fein. Dann genieß dein Frühstück und erstick nicht dran, weil du zu gierig warst. Mir ist der Hunger vergangen. Tschüß." Noch immer sauer wollte er schnell an Alex vorbei raus aus der Küche. /Uns so jemand wollte Respekt vor dem Alter. Pah. Das ich nicht lache./ Oh man, er fühlte sich schon jetzt ganz schlapp. Ständige Stimmungsschwankungen am Morgen waren wohl nicht so ratsam. Anscheinend war heute der Wurm drin. Dabei hatte er doch niemanden was böswillig getan. Warum würde er dann so bestraft?

Doch ehe Marco verschwinden konnte hielt ihn Alex zurück. "Komm wieder runter. Man, hast du immer solche Launen? Na, dass kann ja heiter werden. Ich weiß, wir sind uns nicht immer ganz grün und leiden können wir uns erst recht nicht. Aber ich sehe es ein, das mit der Lampe und dem Kuchen war nicht böswillig." Unwillig stand der leicht bekleidete, junge Mann auf und streckte Marco seine Hand entgegen, welche dieser erst einmal prüfend von allen Seiten betrachtete. Dann nahm er die Entschuldigung an. "Aber dir sollte klar sein, dass ich immer noch denke, du bist ein neunmalkluger, kleiner Gnom. Na, nimm die Hand runter! Ich schlage vor, wir einigen uns auf einen gelegentlichen Waffenstillstand. Einen vollwertigen bekomme ich eh nicht hin, weil du einfach zu doll nervst. Sorry! War nicht so gemeint. Du kannst die Hand wieder runter nehmen. Du bekommst sonst nur Muskelkater. Aber mal im Ernst. Du kennst mich doch. Was erwartest du? Das wir uns von jetzt auf gleich blendend verstehen? Das glaubst du doch selber nicht."

"Nein, natürlich nicht. Das wären zu hohe Ansprüche an dich.", schlug Marco auch gleich wieder volle Breitseite rein. "Auauau. Okay doch nicht zu hoch. Könntest du jetzt bitte aufhören, meine Hand zu quetschen? Ich brauch die heut noch. Danke." Schnell löste er den Griff. "Ach so, wenn du fertig bist, darfst du den Tisch abräumen. Ich gehe dann mal einkaufen." Einkaufen? Da wurde der Große hellhörig. "Lass den Tisch Tisch sein, ich komme mit." Marco war von diesem Vorschlag natürlich nicht sehr begeistert. Trotzdem gab er nach. Diesen frisch gewonnenen Frieden musste man nicht gleich wieder zerstören. Beide verschwanden noch einmal kurz in ihren Zimmern, bevor sie sich vor der Haustür trafen. Zusammen machten sie sich auf den Weg zum nahe gelegenen Supermarkt.

Alex steuerte mit dem Einkaufswagen gleich zielsicher die Gefriertruhen an. "Also wir brauchen: Hefeklöße, Pudding, Milchreis und das dazugehörige Apfelmuss, Pfannkuchen, Gummibärchen, Dickmanns, Puffreiswaffeln, denn wir wollen ja auf unsere Linie achten, ein neues oder besser gleich zwei, drei Gläser Nutella, Cola, weil die so charmant schwarz ist, und etwas Vitaminreiches zur Tarnung ... Bananen.

Voller Entsetzen weiteten sich die Augen des Kleineren. Ihm wurde ja schon bei der Aufzählung übel. "Ähm, dir ist aber schon klar, was du da alles in dich reinstopfen willst, oder? Das ist doch jetzt nicht dein Ernst gewesen, stimmt's?" Das Kopfschütteln seines Gegenübers belehrte ihn jedoch eines Besseren. Es war voller Ernst gewesen. Im Geiste ratterte er die Ernährungswerte dieser ... Schadstoffe runter. Tja, eine Ausbildung zum Ernährungsberater geht halt nicht spurlos an einem vorbei. "Willst du nicht eventuell auch noch ein paar andere Dinge kaufen? So was wie Obst und Gemüse oder Salat. Vielleicht auch ein bisschen Fleisch und Kartoffeln? Reis? Nudeln?" Schnell und unauffällig hatte er Alex mit dem Wagen zu den frischen Lebensmitteln gelotst. "Sieh mal, die schönen Tomaten und Paprika und die Äpfel." Wie eine Mama, die ihr Kind zu überzeugen versuchte, wie gut doch all die gesunden Sachen schmecken würden, redete Marco auf den Widerspenstigen ein und räumte die aufgezählten Sachen in den Korb.
Der verzog nämlich immer mehr die Flunsch und nahm die Ähnlichkeit eines solchen Kleinkindes an. "Ich will das Zeug nicht!" "Nun hab dich nicht so. Ich mach nachher auch Nudeln mit frischer Tomatensoße. Und guck nicht so entsetzt. Ich kann kochen, ohne dich zu vergiften. Mein Schwesterchen hat es das letzte Jahr schließlich auch überlebt."

"Na ja, wahrscheinlich hat sie es auch bevor sie es essen musste im Klo runtergespült." Der Riese wusste, was ihm schmeckte und das waren nun mal größtenteils ungesunde Sachen. Auf die Masse kam es schließlich an, die diese Produkte so schädlich machten. Was konnte den die Schokolade dafür, dass sie viel Fett beinhaltete? Nix! Eben. Die Arme wollte auch nur gegessen werden. Und Alex war der Letzte, der sich der Schokoemanzipation in den Weg stellten würde. Obwohl, Nudeln mochte er natürlich auch sehr gerne. "Okay. Aber du kannst mich nicht daran hindern, dass ich mich mit Vorrat eindecke. Das sehe ich doch schon an der Nasenspitze an. V.E.R.G.I.S.S. E.S.!"

"Ich halt ja schon meine Klappe. Aber wehe du kommst dann zu mir und jammerst mir die Ohren voll, dass du zu fett bist. Das kannste dann schön alleine ausbaden. Nur damit wir uns verstanden haben." Noch ein wenig weiter rumgrummelnd lenkte er schließlich den Einkaufwagen zu der von Alex so geliebten Süßwarenabteilung, jenen immer dicht auf den Fersen habend. "Da. Tob dich aus. Aber lass auch noch was für die Kleinen übrig, du Riesenbaby."

/Ich höre gar nicht hin./ Dachte der Schwarzhaarige nur noch bei sich, bevor er die Regale voller Leckereien entdeckte. Ohne zu zögern griff er gezielt zu Gummibären, Schokolade und Lakritzschnecken. Beladen mit eben dieser Ausbeute ging er zurück zum Wagen und verstaute sie darinnen. Marco beobachtete ihn derweil mit zu Schlitzen verengten Argusaugen. Doch Alex würde sich von diesem Gesundheitsteufel nicht aus dem Konzept bringen lassen. Zufrieden mit sich selbst packte der Große die Einkaufskutsche und rollte sie Richtung Kasse.

*°*

Zuhause angekommen, räumten die Beiden die Einkäufe weg. Vorsichtshalber verstaute Alex die erworbenen Kostbarkeiten in seinem Zimmer unter dem Bett. Man konnte ja nie wissen...

Unterdessen startete Marco in der Küche schon einmal seine Kochsession.
Wie ein kleines Wiesel huschte er durch die Küche, schepperte hier ein bisschen mit den Töpfen, kramte da ein bisschen in den Schränken, setzte nebenbei Nudelwasser auf und kochte im Wasserkocher etwas des klaren Nasses für ein heißes Tomatenbad. Nach und nach nahm das Essen Form an und Marco brüllte nach Alex, er solle den Tisch decken kommen.

Schnuppernd kam der Riese nach einer Weile in die Küche. "Hm, das riecht aber lecker." Immer der Nase folgte er dem Geruch zu seinem Ursprung. Und zwar zu dem Topf mit der undefinierbar roten Suppe. Außerdem erspähte er angebratene Wiener Würstchen Würfel. Von denen musste er natürlich auch gleich naschen.
Doch noch bevor er mit der Hand auch nur in die Nähe des Bratbestecks kam, landete ein Kochlöffel zielgenau auf seiner Pfote. "Ich sagte: Tisch decken. Nicht vorkosten. Los da drin sind Teller und da ist Besteck.", deutete Marco auf die entsprechenden Schränke. "Und wenn ich dich noch mal in Nähe der Töpfe sehe und der Tisch nicht fertig ist, dann kannst du das trockne Brot von vorgestern verspeisen, aber die Nudeln kannst du streichen. Klar?"
"Jaja, ist ja gut." Um sein schönes Stück Wurst gebracht drehte Alex sich um und deckte den Tisch. Irgendwann schaute der Knirps allerdings nicht hin und ein Wurststück verschwand aus der Pfanne in seinen Mund. Leider war es etwas zu heißt und er jaulte auf, wie ein auf den Schwanz getretener Köter.

Erschrocken fuhr Marco herum. Sofort erfasste er die Situation und lachte lauthals los. Es sah einfach zum Schießen aus, wie der Riese mit geöffnetem Mund dastand und sich Luft zur Kühlung hineinfächelte. "Tja, kleine Sünden bestraft der liebe Gott sofort." Eine Weile sah er sich das Leiden noch mit an, dann setzte er sich an den gedeckten Tisch. Nachdem er beiden Teller mit den heiß begehrten Nahrungsmitteln gefüllt hatte, wünschte guten Appetit und fing an zu essen.

Also eines musste er dem Knirps ja lassen: Kochen konnte er. Nach dem dritten Teller müsste es diesem eigentlich auch aufgefallen sein. Und das war es natürlich auch. Grinsend saß der Grünhaarige Alex gegenüber und sah ihm mit vor der nicht vorhandenen Brust gekreuzten Armen an. Der Größere wusste natürlich genau, was der Andere von ihm erwartete. Nämlich ein Lob. Doch Alex wäre nicht Alex, wenn ihm genau diese Wertschätzung der Speise nicht so missfallen würde. Vor allem bei Madelaines kleinem Nervbruder.
"Was?" Marco fiel der Unterton in Alex' Stimme natürlich genau auf. Und sein Grinsen verbreiterte sich um einige Nuancen. Nun kam das Riesenbaby endlich nicht mehr drum herum etwas Nettes zu sagen.

"Ist ja gut. Na ja, so schlecht hat es nun auch wieder nicht geschmeckt. Es ging. Ich hatte halt Hunger. Bild dir bloß nichts ein." Marcos Grinsen wurde noch breiter. /Ja klar. Es ging./ Für wie blöd hielt der Schwarzhaarige ihn eigentlich? In all den Jahren, die er Alex kannte, hatte Marco durchaus gemerkt, dass diese Mäkeltante vor ihm sich nicht dazu herabließ, irgendetwas anzurühren, was nicht schmeckte. Sei es einfach nur zu weich gekocht oder zu viel Salz oder sonst irgendwas. Da ging das Riesenbaby lieber leer aus. So kam der dritte Teller schon einer Auszeichnung von vier Sternen nahe. Gönnerhaft meinte der Stachlige also nur: "Ich bilde mir nie was ein. Wie käme ich denn dazu?"
Schweigend wartete er bis Alex fertig wurde, nahm dann die Teller und leeren Töpfe und räumte alles schnell in den Geschirrspüler, den seine Eltern seiner Schwester beim Umzug geschenkt hatten. Dann drehte er sich zu Alex, der gerade den Tisch abgewischt hatte, und setzte gerade an etwas zu sagen, da klingelte das Telefon. Eilig hechtete Marco zu dem Apparat und meldete sich. Und oh Überraschung, es war seine Mutter am anderen Ende zu hören. Sie fragte ihn, ob er denn Lust hätte mit seiner Familie noch etwas zu unternehmen, da Madelaine ja bald für lange, lange Zeit wegfahren würde. Vorsichtig hakte Marco nach, wohin es denn gehen würde und als er irgendwas von See und baden hörte, brüllte er fast das 'Ja' in den Hörer. Er wollte schon auflegen, nachdem seine Mama meinte, sie holten ihn in etwa einer dreiviertel Stunde ab, als er seine Schwester aus dem Hintergrund rufen hörte, was er nie nicht hatte vernehmen wollen. Er sollte Alex fragen, ob er mitkommen wollte. /Öööööh? Och nö. Muss das sein? Möp. Will nicht!/ Aber was tut man nicht alles für seine Schwester. So ging er zurück in die Küche und fragte den Riesen auf eine verneinende Antwort hoffend. Doch dieses Nein kam nicht. Mist...

Deshalb saßen die beiden auch ungefähr 50 Minuten später bereit für die Wasserfreuden im Auto. Neben Madelaine waren auch noch ihre Eltern, Heike und Ingo anwesend. Genau wie ihre Kinder hatten auch diese 'Erwachsenen' die Seifertsche große Klappe. Schlimmer waren eigentlich nur die Großeltern. Sie benahmen sich manchmal wie aufmüpfige Halbstarke mitten in der Pubertät. Und wie Alex gerade mit einem halben Ohr mitbekam, waren auch diese beiden Familienmitglieder mit von der Badepartie. Allerdings waren sie schon in ihrem Polo vorgefahren. Diese jungen Leute brauchten immer so lange.

Wenn sich die liebe Oma und der liebe Opa da mal nicht getäuscht hatten. Schon nach einer halben Stunde bogen sie auf dem Parkplatz ein. Der Polo der Großeltern leuchtete schon in seinem strahlenden Türkis vor sich hin. Schnell luden sie das Auto aus und machten sich auf den Weg zum Strand. Er war voll wie immer. Sie Sonne brannte aber auch unerbittlich auf die Köpfe aller Anwesenden herunter.
Als sie am Strand angekommen waren brauchten sie noch ein paar Meter, bevor sie Madelaines Großeltern entdeckten. Die Gesichter bedeckt mit irgendwelchen viel zu großen Sonnenhüten lagen sie auf schreiend bunten Handtüchern. Großvater Seifert schnarchte sogar vor sich hin. Alex musste feixen. Diese Familie war einfach ein Original.
Dann suchte er sich im Halbschatten eines Baumes ein freies Fleckchen und breitete sein nachtschwarzes, mit einer riesigen Krähe verziertes Handtuch aus. "Maddy? Kommst du mit ins Wasser?" Noch als er seine Freundin herausfordernd ansah, zog er sich sein T-Shirt über den Kopf und entledigte sich seiner zerrissenen Jeans. Darunter trug er seine Lieblingsbadehose. Sie war fast gänzlich schwarz, enges, mit leichten Beinen und mitten auf der rechten Arschbacke prangte eine kleine weiße Spinne, welche versuchte ihr Netz weiter über sein Hinterteil auszubauen.

Auch die Seiferts hatten sich mittlerweile mit ihren Handtüchern breit gemacht und Maddy fummelte hockend gerade an ihren Riemchensadaletten, als sie Alex Frage vernahm. "Gleich Großer. Gesetz den Falls ich komme heute noch aus diesen Latschen raus." Leise fluchte sie, als der Schuh immer noch nicht wollte. Und schon stand ihr kleiner Bruder neben ihr. Aber anstatt ihr zu helfen meinte dieser nur: "Ich hab dich ja gewarnt, als du sie gekauft hast. Du wolltest ja nicht auf mich hören. Ja, auch dein Brüderchen kann mal Recht haben. Außerdem solltest du wissen, dass Schuhe mein Fachgebiet sind."
"Ach, sei still." Frustriert ließ Maddy sich einfach nach hinten plumpsen und atmete einmal tief durch. Dann startete sie einen neuen Versuch, einen, der glückte. Schnell schlüpfte sie aus ihrem Sommerkleid - den Bikini hatte sie sich schon zu Hause angezogen - und rannte zusammen mit Alex ins Wasser.

Marco ließ sich da schon deutlich mehr Zeit. SO eilig hatte er es nun doch nicht ins Nass zu hüpfen. In aller Seelenruhe richtete er sich auf seinem Handtuch ein. Schließlich cremte er sich noch sorgfältig mit Sonnenmilch ein - seine Mutter übernahm den Rücken - und legte sich auf sein Handtuch, um ein bisschen in der Sonne zu dösen. Mit der Creme durfte er sowieso erst in einer halben Stunde in den See.


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