Titel: Haarspaltereien
Autor: Esther
Teil: 02/11

Genre: Reale Welt
Rating: PG-16
Warnung: Yaoi
Verfasst: 12. Mai 2002
Kommentar: Antwort auf Blubbsies Friseur-Ballett-Challenge
Disclaimer: alles mir ^^
Feedback: immer her damit ^^
Inhalt: Friseur meets Macho – Was passiert, wenn ein schwuler Friseur ausgerechnet den größten Macho weit und breit als männliches Haarmodell für einen Friseurwettbewerb aussucht – und zu dem Wettkampf noch die nymphomanische Schwester des Machos mitkommt O.o;;


Teil 01 | Teil 02 | Teil 03


Kapitel 02: Reise nach Berlin

Sabine war in der Tat wenig begeistert, als sie Mark nach seinem Friseurbesuch mit nicht wesentlich kürzeren Haaren antraf. Dieser hatte sie auf Richards Anraten dieses Mal offen gelassen, um Kopfhaut und Haare zu schonen - schließlich war das auch im Interesse des Friseurs, denn Mark musste ja zum Wettbewerb gut aussehen.

"Was ist denn DAS?", fuhr sie ihren Bruder entsetzt an, der sich auf der Wohnzimmercouch rekelte und Fern sah.
"Was ist was?" Den Unwissenden mimend, starrte er weiter auf die Mattscheibe.
"Na DAS!!", brüllte Sabine jetzt und zog an einer der langen Strähnen.
"Aua! Lass das, du Brutalo!"
"Wieso sind die noch so lang?", krächzte sie.
"Weil Richard sie zu schön zum Abschneiden fand...", entgegnete er desinteressiert dreinblickend, klopfte sich aber innerlich auf die Schulter für diesen boshaften und offensichtlichen Seitenhieb, der seine Haare im Vergleich mit ihren besser dastehen ließ.

"WAS??? Der hat sie ja wohl nicht mehr alle! Was soll an dem Unkraut denn SCHÖN sein?!"
Der Langhaarige zuckte gleichgültig mit den Schultern. /Die nervt! Armer Richard!/
Sabine stemmte die Fäuste in die Hüfte. "Ich glaube, mit dem muss ich mal ein ernstes Wörtchen reden!"
Mark grinste gewinnend. DIE Szene wollte er auf keinen Fall verpassen.

~*~*~*~*~

Eine Woche nach Marks kostenlosem (!) - Richard hatte darauf bestanden und der Langhaarige hatte natürlich nicht "nein" gesagt - Haarschnitt, meldete sich der Haarkünstler per Telefon.

"Ich hab hier das genaue Datum für den Friseurwettbewerb. Also, es ist am Donnerstag nach Ostern. Da habt ihr doch noch schulfrei, oder?!"
Mark nickte zustimmend. Als ihm einfiel, dass Richard das ja gar nicht sehen konnte, ließ er ein bestätigendes "m-hmm" verlauten.
"Wir müssen aber schon mindestens am Dienstag losfahren. Montag wäre noch besser... Damit ich so die Grobarbeit schon vorher machen kann."
Der Andere blinzelte. /Häää???/
"Häää???", sagte er dann schließlich auch.
Richard kicherte durchs Telefon. "Naja, färben, ein bisschen vorschneiden und so..."
"Färben?!", meldete sich Mark leicht panisch zu Wort. /Wenn du jetzt ROSA sagst, erwürg ich dich durch den Telefonhörer hindurch, das schwöre ich dir!!/

"Naja, man soll halt so die passende Frisur und Haarfarbe zu dem Modell verwenden. Darin liegt die eigentliche Kunst bei diesem Wettbewerb."
"Welche Farbe?", zischte der Langhaarige durch den Hörer.
"Wie wär´s mit ROSA??" Richard grinste bis über beide Ohren.
"Wag es nur und du bist tot!", rief der Andere wütend.
"Och, und ich dachte wir könnten im Partnerlook gehen..."
Marks Gesicht nahm augenblicklich die Farbe von reifen Tomaten an und er stammelte aufgebracht. "Wa.. waaasss??"

Richard bereute auf der Stelle, dass Bildtelefone in deutschen Haushalten noch keine Standarteinrichtung waren, denn er hätte jetzt zu gerne das Gesicht des Anderen gesehen.
"Kleiner Scherz.", beruhigte er ihn. "Ich dachte bei dir eher so an schwarz..."
Der Langhaarige seufzte erleichtert auf. /Muss dieser Typ mich immer so schocken?! Macht es dem Spaß mein Herzinfarktrisiko zu steigern?!/

"Muss diese Färberei unbedingt sein?", grummelte er in den Hörer.
Der Friseur lachte herzlich. "Ach komm! Du *starker* Mann wirst doch vor ein bisschen Farbe keine Angst haben?!" Er konnte es nicht lassen dem Satz einen ironischen Unterton zu geben.
/Nur Weiber färben sich die Haare!/, schoss ihm wieder einer seiner Macho-Sprüche durch den Kopf, doch er vertrieb ihn mittels Kopfschütteln schnell wieder.
/Wieso hab ich DEPP mich überhaupt von DEM zu SO WAS überreden lassen? Ich find Haareschneiden ja so schon schlimm genug, aber so´n Haarverkrotzungswettbewerb [1] setzt dieser modernen Foltermethode echt noch die Krone auf!/

Als Mark weiterhin keinen Laut von sich gab, meinte Richard schmunzelnd:
"Ach komm! Neuer Haarschnitt, neue Haarfarbe, alles umsonst! Was denkst du, was das sonst kosten würde!! Und du wohnst dazu noch ein paar Tage auf meine Kosten in ´nem schicken Hotel!"
Mark meldete sich immer noch nicht.

"Hee! Mahark! Lebst du noch?!! Gib mir ein Zeichen!!!", brüllte der Wuschelkopf nun entnervt.
"Jaha! Brüll nicht so, Richard mit den Scherenhänden!!"

Ein Lacher ertönte vom anderen Ende der Leitung.
"Also, wie sieht´s jetzt aus? Machst du´s? Denk dran: du hast´s mir versprochen und Versprechen bricht man nicht!"
"Pfff, versprochen? Du hast mich erpresst!!!"
Richard lachte schon wieder schadenfroh.
"Ach komm.", sagte er jetzt schon zum dritten Mal. "Ich führ dich auch in der Stadt rum und so... Bitte, bitte!!" Er versuchte möglichst flehend zu klingen.

Mark seufzte. "Du nervst... Meinetwegen, ich mach´s."
Richard klatschte aufgeregt in die Hände.
"Danke, danke, danke, danke!!" [2]

~*~*~*~*~

Total entnervt ließ Mark das Mathebuch sinken. Dieses Fach zum Leistungsfach zu wählen war wohl der größte Fehler seines Lebens gewesen - mal abgesehen von dem Modelln bei einem gewissen Friseurwettbewerb...

Seufzend blickte er zum Wandkalender. In drei Tagen sollte er mit diesem Richard und Sabine nach Berlin fahren.
Sabine war deshalb dabei, weil sie es irgendwie geschafft hatte den Friseur dazu zu überreden sie auch mitzunehmen als - wie sie es nannte – "seelischen Beistand" für Mark.
Er zog die Augenbrauen dichter zusammen. Für was bitte schön brauchte er einen seelischen Beistand bei einem Friseurwettbewerb?! Ja, ja, von wegen seelischer Beistand! Sabine mitzunehmen grenzte wohl eher seelische Grausamkeit... Gab´s dagegen nicht irgend ein Gesetz?!

Außerdem wollte sie wohl weniger wegen ihm als wegen dem - zugegebenermaßen gutaussehenden - Haarkünstler unbedingt mitfahren.
/Immer mich als Vorwand zu benutzen.../, dachte er voll Wut im Bauch. /Und ich muss dann dieses Rumgeturtel auch noch mit ansehen! - Oh Gott! Ich muss in einem vorherigen Leben ein Massenmörder oder so gewesen sein, dass ich in diesem nun so bestraft werde.../

***

Und dabei hatte Sabine Richard doch eigentlich "die Leviten lesen" wollen.
So hatte sie jedenfalls behauptet, als sie gleich nach Marks Rückkehr ohne Kurzhaarschnitt zum Hörer gegriffen und den Friseur angerufen hatte.

Bloß war das Gespräch dann so gar nicht verlaufen wie ihr Bruder es erhofft
/wieso eigentlich erhofft?!/ und erwartet hatte.
Statt Richard gleich mit wüsten Beschimpfungen und Morddrohungen zu bombardieren - wie es sonst so Sabines Art war - hatte sie ihn erst in kariesverursachend-süßlicher Tonlage nach seinem Wohlbefinden gefragt.

Mark, der neugierig wie immer am Gerät im ersten Stock mitgehört hatte, war der Kiefer heruntergeklappt, als Richard darauf auch noch geduldig geantwortet hatte, dass es ihm gut ginge.
Er selbst hätte wahrscheinlich bei so einer blöden Frage mit der Gegenfrage geantwortet, ob sie noch ganz koscher sei oder schon in ihrem Alter an Alzheimer leide, denn schließlich hatte Sabine den Friseur noch keine zwei Stunden zuvor gesehen. Wie konnte Richard nur so beherrscht sein und bei so etwas nicht aus der Haut fahren?

Naja, jedenfalls hatte Richard ihr auch gleich von dem Wettbewerb, und dass er Mark als männliches Modell brauche, erzählt. Sie war - "natürlich" - sofort total begeistert davon und fragte ihn dann zuckersüß, ob nicht auch noch ein Plätzchen für sie in dem Hotel frei sei. Sie würde ihrem Bruder gerne helfend beistehen.
Und Richard war entweder total (Hella) von Sinnen oder konnte einfach nicht "Neeeeeeeiiiiiinnnnnn!!!!!" sagen und willigte ein.
Fast wäre Mark der Hörer vor Entsetzen aus der Hand gefallen, doch er fing sich noch rechtzeitig, um ihn leise wieder einzuhängen und sich zurück ins Erdgeschoss zu schleichen, so dass sein Schwesterherz nichts von seinem großen Lauschangriff mitbekam.

Voll heller Begeisterung hatte sie dem scheinbar Ahnungslosen dann auch die "wunderbare" Neuigkeit mitgeteilt. Mark dachte nicht daran ihr deswegen freudiges Verzücken vorzutäuschen und sagte ihr gerade heraus, dass er auf ihre Begleitung auch gut verzichten könne und er ihre Hinter-Richard-her-Rennerei für absolut kindisch und peinlich halte und sie ihm tierisch auf den Sack ginge.

Daraufhin hatte sie - zu Marks Wohlgefallen - drei Tage lang nicht mehr mit ihm geredet.
Doch diese drei Tage waren bedauerlicher Weise viel zu schnell vorbei, so dass er wieder in den Genuss ihrer schrillen Piepsstimme kam.

***

Geplagt kehrte Mark aus seinen Gedanken zurück und starrte wieder auf das Gewirr aus Zahlen und Buchstaben, das für ihn immer weniger Sinn zu ergeben schien, je länger er es betrachtete. In ein paar Monaten würde er es endlich hinter sich haben - das Abitur. Bis dahin hieß es büffeln...
Er zog einen Stapel Schmierblätter aus dem Regal und begann darauf seine Lösungsversuche zu konstruieren. Mathe - von wegen Logik!

***

Verloren stand Mark in seinem Zimmer und starrte planlos von seinem Kleiderschrank zur leeren Reisetasche und wieder zurück. Packen war noch nie seine Stärke gewesen und dazu kam noch die erschwerende Frage hinzu, was man als Haarmodell anzog. Er musste ja gut aussehen.
/Wieso hat dieser DEPP sich gerade MICH ausgesucht? Sooo toll seh ich auch wieder nicht aus!/, bemerkte er kritisch und warf seinem Abbild in der Spiegeltür des Schrankes einen misstrauischen Blick zu. War er für ein Modell mit seinen gerade mal 1,82 m nicht auch zu klein?!

Während er noch so in Gedanken versunken war, trat seine Schwester hinter ihn und legte ihre Hände auf seinen Schultern.
Als er durch die Berührung aufschreckte, strahlte sie ihm im Spiegel entgegen.
"He, Bruderherz! Warum so mürrisch? Freu dich doch! Kostenloser Urlaub in Berlin!!"
Er knurrte nur schlechtgelaunt. /Von wegen Urlaub!/
"Lass mich in Ruhe und pack lieber deinen Kram!"

Kopfschüttelnd begutachtete sie seine leere Tasche.
"Hab ich doch längst, Dummerchen."
Sie deutete auf zwei gigantische Koffer, die den Hausgang blockierten.

Mark riss den Mund auf. "Sag mal, willst du ´ne Weltreise antreten, oder was?!"
Doch die Blondine hörte ihn schon gar nicht mehr und war intensivst damit beschäftigt seine Reisetasche mit allen möglichen und unmöglichen Dingen aus seinem Schrank vollzustopfen.
"Lass das!", brüllte er sie entsetzt an und zog sie von seiner Tasche weg.
Ohne viel Federlesens kickte er sie aus seinem Zimmer. /Tooorr!!/
"DU kannst dich ja *gerne* als Gewichtheber an deinen Koffern betätigen, aber ICH lass mich von dir nicht zum Packesel machen!"
Launisch knallte er die Tür hinter sich zu und drehte den Schlüssel um.

"Du bist so ein undankbarer Kerl...!", drang es gedämpft an sein Ohr.
Genervt warf er sich aufs Bett und entleerte die Tasche auf den Boden.

Als er sich eine Stunde später zu ein paar brauchbaren Dingen, die er mitnehmen wollte, durchgerungen hatte, war die Tasche noch halb leer.
Kopfschüttelnd fragte er sich, was seine Schwester wohl so alles benötigte, wenn sie damit zwei Koffer füllen konnte.

~*~*~*~*~

Ostermontag, der Tag nach der großen Packaktion.

Lächelnd erwartete Richard die Geschwister am Bahnhof, zu dem sie sich von ihren Eltern chauffieren ließen.

Mark hatte vergeblich versucht seine Erzeuger davon zu überzeugen, dass es "absolut nicht nötig!" sei, extra wegen ihnen so früh an einem Feiertag aufzustehen und sie hinzufahren.
"Wir können doch den Bus nehmen!", hatte er aus purer Bosheit beharrt, um seiner Schwester mit ihrem mehrere Kilo schweren Gepäck einen Streich zu spielen. /Hö, hö... Bin mal gespannt wie die das alleine schleppen will.../
Doch entweder hatten seine Eltern seinen diabolischen Plan durchschaut oder wollten sich einfach selbst davon überzeugen, dass die Albträume ihrer schlaflosen Nächte für fast eine Woche aus ihrem Blickfeld verschwanden, und hatten sich nicht überreden lassen.

Fröhlich begrüßte der Wuschelkopf die Beiden, als sie am Bahnsteig ankamen. Er nahm Sabine einen ihrer schweren Koffer ab und trug mit der anderen Hand seine Tasche, die kaum größer als die von Mark war.
/Bin ich also nicht der Einzige, der nicht so viel Zeug für die paar Tage braucht!/, beruhigte diese Tatsache den Langhaarigen.


Kurz darauf saßen Sabine, Mark und Richard im ICE nach Berlin und Mark beschloss den Schlafenden zu mimen, um möglichst wenig von Sabines Flirterei mit Richard mitzubekommen. Irgendwie hatte ihn seine Schwester noch nie so sehr genervt wie an diesem Tag. Viereinhalb Stunden musste er mit ihr nun in einem Abteil verbringen. Absoluter Horror!
/Vielleicht hätte ich ´nen Zug früher fahren sollen, oder so.../

Und in der Tat brauchte das blonde Mädchen keine fünf Minuten zu sitzen, um Richard schon mit allerhand belanglosem Kram vollzulabern. Schließlich fand Mark tatsächlich Erlösung, indem er einfach einnickte.
Er träumte irgendwas von umherschwirrenden mathematischen Gleichungen, die ihn zu erdrücken drohten und einem Typ mit rosa Strähnchen, der ihm mit einer gigantischen Schere hinterher rannte und in der Tonlage seiner Schwester etwas zurief.

Kurz vor ihrer Haltestelle wurde Mark durch ein sanftes Rütteln geweckt. Er blinzelte und sah in pinke Pupillen, die ihn verschmitzt anlächelten.
"Aufwachen Schlafmütze! Ich kann nicht glauben, dass du Glückspilz anscheinend die ganze Fahrt gepennt hast. Ich krieg in Zügen nie ein Auge zu."
Mark rieb sich über die Augen und drehte sich zu seiner Schwester um. Sie hatte die Lider geschlossen und schien auch zu schlafen.
"Ja, ja... Eine aufgeweckte Familie.", spottete Richard.

Mark lächelte ungewollt. "Ja, jetzt schon! Ich bin jetzt jedenfalls prima erholt! - Wann sind wir denn da?"
"Fünf Minuten."
"Seit wann schläft sie denn?"
Richard kratzte sich am Kopf und überlegte. "Circa ´ne halbe Stunde, schätze ich."
Mark sah mitleidig zu dem Friseur herüber. "Da hat sie aber wieder lange durchgehalten. Mein Beileid!"

"Sie ist eben sehr mitteilungsbedürftig.", meinte Richard in seiner gewohnt höflichen Art.
"Wenigstens weiß ich nun alles über eure Familie und deine peinlichsten Ausrutscher..."
Er grinste verheißungsvoll.
Marks Augen weiteten sich entsetzt. "Waaaaasss? Glaub ihr nichts! Sie übertreibt immer maßlos und dichtet auch gerne Dinge um!", stammelte er schnell und wurde rot bis hinter beide Ohren.

/Zu niedlich.../, schmunzelte Richard in sich hinein und nahm sich fest vor den Langhaarigen noch öfter in Verlegenheit zu bringen.

~*~*~*~*~

Kommentare:

[1] verkrotzen (Verb) = verschandeln, verstümmeln etc.

[2] *augenverdreh* Richard ist ja soo kindisch


Teil 01 | Teil 02 | Teil 03

Meergurken-Home