Titel: Urlaub und andere Grausamkeiten
Autor: Lapis
Teil: 07/10
Genre: Reale Welt
Rating: PG-12
Warnung: sap
Kommentar: 'nen Abend, Leutz!! Und hier kommt der 7. Teil! Meine Prüfungen sind nach dieser Woche vorbei, dann kann ich hoffentlich auch wieder etwas mehr schreiben... Viel spaß noch beim lesen!! Eure Lapis
Disclaimer: Meins! Immer noch...^^
Inhalt: Wenn die Mutter mit dem Sohne... in den Urlaub fährt... und die Zeit danach...
"blablabla" = Gesprochenes
'rabarberrabarber' = Gedachtes
*wort* = Betonung
Ich wünschte, dieser Moment würde ewig dauern.
Aber leider hatte der Schöpfer uns nicht mit Kiemen versehen,
weshalb wir, wenn auch recht wiederwillig, unsere Lippen
voneinander lösen mussten.
Atemlos sah ich in diese wunderschönen Augen.
Ich war wie betäubt, wie behämmert, einfach weggetreten.
Es war wirklich passiert.
'Lucas hat mich *geküsst*! *Er* hat *mich* geküsst! Geküsst,
er hat mich *wirklich* geküsst! Das ist kein Traum! Das kann
gar kein Traum sein. Kein Traum fühlt sich *so* an! Er hat
mich geküsst!'
Das waren die einzigen Gedanken, die mir im Kopf herum
spukten.
Lucas lächelte mich an und am liebsten wäre ich ihm um den
Hals gefallen und hätte ihn gleich noch mal geküsst.
Aber irgendwie traute ich mich doch nicht so ganz...
"Nur zur Erinnerung", hauchte er mir ins Ohr, drehte sich um
und ging die Treppe hoch.
Am ersten Treppenabsatz drehte er sich nochmals um, meinte
"Ich meld mich bei Gelegenheit mal.", und ging weiter.
Perplex sah ich ihm hinterher.
Wie jetzt?
War das alles?
Kein 'Das wollte ich schon immer mal tun', oder 'Ich hab dich
total lieb' oder 'Ich will nicht, dass du jetzt schon gehst'
oder etwas in diese Richtung?
Und was sollte das heißen, er melde sich bei Gelegenheit
wieder?
Frustriert knallte ich mit der Faust auf die Türe.
Wenigstens half der Schmerz daraufhin, das ich meine Gedanken
wieder halbwegs geordnet vorfand.
Vielleicht war das seine Art.
Vielleicht konnte er halt nicht so einfach darüber sprechen.
Vielleicht erwartet er, dass ich den nächsten Schritt mache.
Vielleicht spielt er nur mit mir...
Nein, das kann nicht sein.
Er hat mich schließlich geküsst.
Er hat den ersten Schritt gemacht, obwohl er sich doch gar
nicht sicher sein kann, ob ich auf Jungs stehe.
Völlig verwirrt schob ich mein Fahrrad aus dem Hauseingang und
fuhr nach Hause.
Ob man mir ansehen konnte, dass gerade ein Traum in Erfüllung
gegangen ist, nur um gleich Zweifel folgen zu lassen?
***
"Mandy! Wo warst du denn so lange? Ich hab mir sorgen gemacht
und Karsten angerufen und er sagte mir, dass du schon vor
Stunden gegangen wärst!"
"Mama, jetzt übertreib mal nicht! Ich hatte nen Platten."
"Oh. Ess erst mal was, danach kümmern wir uns um den Reifen.
Ich helf dir dann, sonst bist du morgen nicht damit fertig."
"Brauchst du nicht. Lucas hat mir geholfen."
Daraufhin sah sie mich nur komisch an: "Ach so. Lucas also."
Ob sie dachte ich und Lucas...?
Aber da war ja nichts.
Bis jetzt jedenfalls.
Ob ihm der Kuss überhaupt etwas bedeutet hatte?
Wie schaffte er es, jemanden so zu küssen und dann einfach
stehen zu lassen?
Ich ging an meiner Mutter vorbei in die Küche.
"Mmmm, du hast Kirschauflauf gemacht! Lecker!"
Kirschauflauf konnte ich massenweise verdrücken.
Manchmal wunderte ich mich selbst, wie viel ich in mich
reinstopfen konnte, ohne dass ich wie früher Rettungsringe
ansetzte.
Mama setzte sich neben mich an den Küchentisch und sah mich
unablässig an.
"Und, wie war Karstens Urlaub?"
"Mm, nisch gansch scho doll", nuschelte ich mit vollem Mund,
was mir einen strafenden Blick meiner Mutter einbrachte und
ich schluckte hastig. "Er sagt, er hätte sich furchtbar
gelangweilt und er besteht darauf, dass ich nächstes Mal mit
ihm mit gehe. Übrigens gehen wir morgen ins Freibad und davor
müssen wir uns noch nach einem Geschenk für Jenny umsehen. Die
feiert doch am Samstag. Ich weiß noch nicht, ob ich dann
gleich bei ihr und Mark penn, kommt drauf an wie lang es
geht."
Ich plapperte Unsinn, wusste es und hielt den Mund.
Ich erzählte meiner Mutter freiwillig nie so viel!
Wieso konnte mich ein einziger Kuss nur so aus dem Konzept
bringen?
Scheiße, dagegen muss ich ganz dringend was unternehmen.
"Wie geht es Karsten? Er klang am Telefon komisch..."
Überrascht sah ich Mama an.
Das hatte sie bemerkt?
Ihre Frage brachte meine Gedanken wieder in eine andere
Richtung.
"Na ja, er hat... nun, ein Problem, sogar ein riesen Problem.
Ähm, ja, deshalb ist er momentan ein bisschen down."
Wow, Mann, das war ja ne tolle Erklärung!
Ich bin ja so blöd!
Das gehört ja eigentlich verboten.
"Willst du dann nicht lieber zu ihm gehen? Vielleicht kannst
du ihm ja helfen oder zumindest auf andere Gedanken bringen.
Dann könntest du ja auch gleich noch mal bei ihm übernachten."
"Öh."
Oh ja, so geistreich, so absolut intelligent, ich bin ein
Genie!
Ich hatte nicht mit so was gerechnet und musste wohl ziemlich
doof aus der Wäsche gucken, denn meine Mutter grinste mich an
und wuschelte mir durch die Haare.
"Er ist doch dein bester Freund, den kannst du doch jetzt
nicht sich selbst überlassen!"
"Ehm, na ja, eigentlich wollte ich..."
... für mich allein sein, über die Sache mit Lucas nachdenken,
über das Gespräch mit Karsten und überhaupt, ich hatte noch
nicht mal richtig ausgepackt!
Aber meine Mutter sah mich so entschlossen an, das ich
jeglichen Protest lieber runterschluckte.
Vielleicht war es wirklich keine gute Idee, Karsten alleine zu
lassen.
Wo er doch zur Zeit so empfänglich für Alkohol war...
Und ich müsste meinen Vater heute nicht sehen, auf ihn hatte
ich nämlich absolut keine Lust.
Ob der wohl noch sauer war?
"Man könnte meinen, du willst mich los haben!", maulte ich
anstandshalber noch, bevor ich zum Telefon tapste.
Ich rief Karsten an und er klang wirklich nicht mehr ganz
nüchtern.
"Ich komm gleich wieder vorbei und penn bei dir. Lass die
Finger von der Flasche bis ich da bin, ja?! Und such mal ein
paar Videos raus. Ich ruf noch Mark an, vielleicht will er
morgen ja mit ins Freibad. Bin in ner viertel Stunde draußen!"
Ohne auch nur eine Erwiderung abzuwarten knallte ich den Hörer
auf die Gabel.
Karsten war wirklich nicht mehr zurechnungsfähig!
Knallt sich mitten am Tag die Birne voll!
Gut, er hatte ein verdammtes Problem am Hals, ich würde für
keinen Preis der Welt mit ihm tauschen wollen, aber der Alk
löste das nun leider auch nicht.
Bei Mark erreichte ich niemanden, bzw. es war belegt.
Wahrscheinlich führte Jenny wieder ein Dauergespräch.
Ich packte meine Badesachen, ein T-Shirt zum Schlafen und
Klamotten für morgen, schnappte meinen ganzen 'Kleinkram' und
ging wieder in die Küche.
"Ich bin jetzt also bei Karsten. Ich hab mein Handy mit, falls
Lucas oder Mark anrufen, sags ihnen bitte. Oh, und gib Lucas
die Nummer, er hat sie noch nicht. Kann morgen spät werden,
tschüss!"
Mein Handy ist ein Objekt, mit dem ich auf Kriegsfuß stand.
Ich nahm es so selten mit und gebrauchte es noch viel
seltener, aber was solls?!
Es war ein Geburtstagsgeschenk und vielleicht ist es
irgendwann ja doch nützlich.
"Viel Spaß und macht nicht zu viel Unsinn!"
Pah, als ob wir jemals Unsinn machten...
Aus dem Alter sind wir doch schon längst raus...
***
Karstens Wangen hatten einen leichten Rotton und man sah ihm
den übermäßigen Alkoholgenuss an.
"Mann, du Idiot! Davon wird’s auch nicht besser.", knallte ich
ihm anstelle einer Begrüßung entgegen.
"Ja, ja, dir auch hallo!"
Ungehalten ging ich in sein Zimmer und schmiss meine Sachen in
die nächstbeste Ecke.
Karsten wollte sich schon die Rotweinflasche, die auf dem
Schreibtisch stand, nehmen, aber ich war schneller und
schnappte sie mir.
Wenn er jetzt noch mehr trinken würde, wäre das eine
mittelgroße Katastrophe.
Alkoholisiert wurde er doch immer so leichtsinnig.
"Finger weg von sämtlichen Flaschen! Du trinkst heut nur noch
Mineralwasser oder Saft. Sonst stell ich dich wieder unter die
Dusche! Und das mein ich ernst, verstanden?"
Wow, ich wusste nicht, das ich so energisch werden konnte!
Er würde mich dafür hassen - jedenfalls heute - und kein Wort
mit mir reden.
Aber wenn ich die Wahl zwischen einem betrunkenen und einem
eingeschnappten Karsten hab, dann entscheide ich mich
garantiert immer für letztere Variante.
Mein Magen knurrte.
Mist, ich hatte doch gerade eben erst gegessen!
Die ganze Aufregung und der Stress schlagen mir halt auf den
Magen...
Also schnappte ich mir Karstens Hand und zog ihn hinter mir
her in die Küche, erstaunt darüber, dass er noch kein einziges
Mal widersprochen hatte.
Wahrscheinlich war er doch noch nicht sooo betrunken...
"Setzt dich! Wahrscheinlich hast du seit dem Frühstück nichts
mehr gegessen, du Spinner. Mal sehen, ob ich was
zusammenbasteln kann..."
Karsten grinste nur blöd vor sich hin, verkniff sich aber ein
Kommentar.
Ich kann nicht kochen.
Dementsprechend schmeckte auch das 'Gericht', dass ich zwanzig
Minuten später vor seiner Nase abstellte.
"Iß und wehe du beschwerst dich..."
Ihm gegenüber Platz nehmend sah ich zu, wie er vorsichtig
probierte.
Angewidert verzog er das Gesicht.
"Vergiss es! Willst du mich vergiften oder was? Da esse ich
lieber nichts, bevor ich das hier runterwürge!"
Wow, er spricht zu mir!
Eigentlich hätte ich erwartet, dass er kommentarlos das Essen
in den Kompost leert.
Aber er hatte leider recht, essen konnte man das absolut
nicht.
Ich hatte wohl viel zu viel Salz, und beim roten Pfeffer war
ich auch zu großzügig...
Seufzend tat ich es ihm nach und stellte das Geschirr ins
Waschbecken.
"Dann plündern wir halt die Gefriertruhe, was auftauen kann
ich grad noch."
Desinteressiertes Schulternzucken.
"Hab eigentlich gar keinen Hunger..."
"Ich aber! Und wenn ich esse, isst du auch. Punkt, aus,
Schluss, basta!"
Ich machte mich ja gar nicht so schlecht, ich könnte mich
eigentlich daran gewöhnen, ein bisschen energischer zu sein...
Hach, diese Ferien waren ja eine richtige 'Erleuchtung'.
"Sag mal, ist irgend etwas passiert, als ich weg war? Du hast
dich ganz schön verändert. Schon allein das du mich die ganze
Zeit nieder machst..."
"Was heißt hier: niedermachst!! Tu ich ja gar nicht! Ich mach
mir nur sorgen, ist das etwa verboten? Oder würdest du
zugucken, wenn ich mich einfach wegen so einer Lappalie
sinnlos vollaufen lassen würde? Was zickst du hier eigentlich
so rum?"
Wie viel kann ein Mensch eigentlich vertragen, ohne
durchzudrehen und jemanden einfach um die Ecke zu bringen oder
sich vor den nächsten Zug zu werfen?
Die Frage war doch ganz interessant.
Entweder vertrag ich nicht viel, oder die Grenze liegt
überraschend niedrig.
Aber dann müsste man ja mehr Selbstmordopfer haben.
Obwohl, wer weiß, wie viele die gerettet und in die Klapse
gesteckt haben...
Irgendwie wurde mir das hier nämlich zu viel.
'Warum, warum, warum, warum???? Als ob ich nicht schon genug
am Hals hab, jetzt muss ich auch noch für ihn Babysitter
spielen! Wo er doch sonst immer so vernünftig war und nie so,
so... so leichtfertig. Er wusste doch immer, wo die Grenze
war. Ach scheiße!'
'Du hättest ja nicht herkommen müssen! Du hättest ja bei Lucas
bleiben können und...'
Mein dunkles Ich zeigte mir Bilder und gaukelte mir
Empfindungen vor, die ich jetzt absolut nicht gebrauchen
konnte.
'Verschwinde! Ich hab schon genug stress, ohne dass du dich
einmischt! Und überhaupt, du bist doch an der ganzen Sache
schuld!'
Gut, stimmte nicht, aber irgendjemandem musste man ja den
Schwarzen Peter zuschieben.
'Wenn du das so siehst... Aber vergiss nicht, ich bin nun mal
du.'
Das teuflische Grinsen bei diesen Worten konnte ich förmlich
vor mir sehen.
Ich musste wohl ziemlich weggetreten sein, denn ein
Geschirrtuch in meinem Gesicht brachte mich wieder zurück an
den Küchentisch.
"Rumzicken, ja? Oh, fein, Mr. Superlässig hat ja sicher eine
Lösung für diese Lappalie, nicht wahr? Oder doch nicht? Und
dann nennst du das eine Lappalie!? Weißt du eigentlich, wie
scheiße die ganze Sache eigentlich ist? Ich werde Vater!
V.A.T.E.R.!! Das bedeutet, mein bisheriges Leben ist verdammt
am Arsch! Ich kann mir die Diskowochenenden, mein Studium,
meine ganzen Hobbys in den Wind schreiben! Dafür darf ich dann
einem stinkenden Baby die Windeln wechseln und füttern!"
Karstens Stimme kippte beinahe, als er mir das entgegen
schrie.
So ausgerastet ist er noch nie.
Jedenfalls nie mir gegenüber.
"Äh..."
Mehr brachte ich nicht raus.
"Willst du vielleicht mit mir tauschen? Willst du deinen
Eltern das erklären? Ja? Kannst du meinetwegen gerne haben,
ich hab nämlich absolut keine Lust, mir so einen Klotz ans
Bein zu binden! Das war nur so ein gottverfluchter One-night-
Stand und schon ist meine Zukunft am Arsch! Scheiße! Das ist
so ein gottverdammter Scheißdreck!"
Krachend fiel die Tür hinter Karsten zu.
Bedeppert starrte ich ihm hinterher.
Verdammt.
Da hatte ich ja was tolles angerichtet.
Ich hätte zuerst nachdenken und dann reden sollen.
Oh Mann!
Der Appetit war mir gründlich vergangen.
~*~
Karsten lag in seinem Bett, den Kopf unter den Kissen
begraben.
Ich stand mitten im Zimmer und überlegte.
Was macht man in so einer Situation?
Shit, shit, shit!
Mich überkam der Wunsch, mich volllaufen zu lassen.
Einfach die nächst Flasche köpfen und trinken bis zum
Umfallen, die ganze Scheiße einfach vergessen.
Aber leider war ich noch nicht depressiv genug, um zu
missachte, dass das Trinken die Sache auch nicht lösen würde.
Ich trat an die Terrassentür und lehnte mein Gesicht an die
Fensterscheibe.
Schön kühl...
Was sollte ich jetzt sagen?
'Sorry, tut mir leid'?
Oder: 'War nicht so gemeint.'
Das klingt ja alles so richtig abgedroschen und unglaubwürdig.
'Ach Mann, warum ausgerechnet heute? Wo es doch heute morgen
alles so gut lief. Und Lucas... ach verdammt!'
Mir war zum Heulen und das ich das tat merkte ich erst, als
meine Tränen das Glas befeuchteten.
Aber das war mir egal.
Ich hatte ein Recht dazu, in so einer Situation zu weinen.
Ich bin schließlich kein gefühlskalter, unsensibler Holzklotz.
"Tut mir leid, ich wollte dich nicht so anschreien. Aber mir
ist einfach eine Sicherung durchgeknallt. Mir steigt das
einfach zu Kopf, ich werd damit nicht fertig."
Ich hörte Karsten an, das auch er geweint hat.
Weiterhin in den Garten schauend erwiderte ich: "Schon gut.
Ich wollte es auch nicht als Lappalie bezeichnen, ist mir nur
so raus gerutscht. Ich... ich weiß doch auch nicht, was ich
machen soll. Was erwartest du denn von mir?"
Krampfhaft versuchte ich, die neuen Tränen zurück zu halten.
"Weinst du?"
In der Fensterscheibe sah ich, wie Karsten aus dem Bett
krabbelte und auf mich zu ging.
Schnell wischte ich mir die gröbsten Tränenspuren aus dem
Gesicht.
"Nö, wie kommst du drauf?"
"Lügner. Tut mir leid. Ich wollt dich echt nicht so fertig
machen."
Karsten klang ungewohnt sanft.
Er stellte sich hinter mich, legte die Arme um meine Schultern
und stützte das Kinn auf meinen Kopf. [1]
"Ich lüge nie!", widersprach ich eigensinnig, mehr aus
Gewohnheit.
Wie heißt es doch so schön: Große Jungs weinen nicht.
"Ja, und der Papst trägt Strapse!"
Das war der Karsten, den ich kannte: immer einen lockeren,
frechen Spruch auf den Lippen, ohne gezwungen cool oder
machomäßig zu wirken.
Mein Lachen wurde allerdings ein eher ersticktes Schluchzen.
Oh, na toll, jetzt entwickelte ich mich zu einer hochgradigen
Heulsuse.
"He?! Scheiße! Ist es wegen vorhin? Weil ich dich so
angebrüllt hab? Tut mir echt leid!"
Karsten drehte mich zu sich herum und zog mich in eine
Umarmung.
Irgendwie war das für mich die Aufforderung, mal alles raus zu
lassen, also vergrub ich meinen Kopf an seiner Halsbeuge und
heulte einfach los.
~*~
Ich weiß nicht, wie lange wir so da gestanden sind, aber es
kam mir wie eine kleine Ewigkeit vor.
Es fühlte sich einfach gut an, mal gehalten zu werden, so
richtig geborgen.
Karsten hatte auch noch geweint, seine Tränen hatten meine
Haare nass gemacht.
Aber was solls, die kann man ja waschen und so.
Zögernd hob ich den Kopf.
Diese Situation war für uns beide neu.
Wir schenkten uns ein zittriges Lächeln und setzten uns aufs
Bett.
Es tat echt gut zu wissen, dass man einen Freund hat, bei dem
man auch weinen kann, ohne sich gleich bescheuert vorzukommen
oder angst haben zu müssen, dass man ausgelacht wird oder es
einen Tag später die ganze Stadt weiß.
"Tut mir leid.", sagte er noch einmal.
"He, ist in Ordnung. Ich bin ja auch nicht gerade ganz
unschuldig an der ganzen Sache."
Ich musterte ihn aus den Augenwinkeln.
Er hatte rotgeränderte Augen und ich wusste, das kam nicht nur
vom weinen und auch die Röte in den Wangen zeugte noch vom
Alkohol.
Seine sonst recht ordentlich frisierten Haare standen wirr vom
Kopf ab.
Er sah kurzum gesagt total beschissen aus, richtig fertig.
Mein Magen knurrte.
Ich grinste und auch Karsten musste lächeln.
"Nimm ne kalte Dusche, ich schmeiß so lange die Baguette in
den Ofen!", befahl ich ihm.
Er grinste fies.
"Lass sie aber nicht anbrennen."
Ich ersparte mir eine Erwiderung, schenkte ihm nur einen
gespielt bösen Blick und ging in die Küche.
Als ich die Baguette auf das Blech legte hörte ich einen
unterdrückten Aufschrei, er nahm also tatsächliche ein kalte
Dusche.
'Geschieht ihm aber auch recht!' rief das kleine Teufelchen in
mir. 'Was lässt er sich auch volllaufen!'
'In dieser Situation hab ich volles Verständnis dafür.'
widersprach mein gutes Gewissen. 'Wahrscheinlich würdest du es
auch nicht arg viel besser machen.'
Ich stellte den Ofen an, stellte die Eieruhr, deckte den Tisch
und starrte anschließend aus dem Fenster.
Mal ernsthaft, was würde ich in Karstens Situation machen?
Meine Mutter würde das wahrscheinlich gar nicht so schlimm
finden, aber Papa... ich glaube, dem würde ich lieber nicht
unter die Augen treten.
Wenn er wenigstens in sie verliebt und mit ihr zusammen wäre,
dann wäre es wohl nicht ganz so schlimm, aber so.
Ich kann nicht so genau sagen, wie lange ich so vor mich
hingestarrt habe, einfach so, ohne etwas wahrzunehmen oder zu
denken, aber ich machte schon beinahe einen erschrockenen
Luftsprung, als die Eieruhr losrasselte.
Von der Küchentür kam ein leises Kichern.
Karsten.
Wie lange er wohl schon da stand?
"Haha, sehr witzig! Komm her und hol mal den Saft aus dem
Kühlschrank. Oh, und die Gläser nicht vergessen!", maulte ich,
stellte den Ofen ab.
"Jawohl, Monsieur. Wie Ihr befehlt."
Aus den Augenwinkeln nahm ich seine leicht spöttische
Verbeugung wahr und geistesabwesend griff ich mit bloßen
Händen nach dem Blech.
Ich stellte es auf die Arbeitsplatte.
Beziehungsweise wollte ich es auf die Arbeitsplatte stellen,
aber ich ließ es eher fallen.
Laut fluchend zog ich meine Hände zurück.
"Scheiße! Au, au, au!! Verdammter Mist, verfluchter!"
Mein Verstand sagte mir zwar, kaltes Wasser wäre wohl das
Beste, aber irgendwie weigerte sich mein Körper dieser
logischen Schlussfolgerung zu folgen und so stand ich blöd vor
dem Ofen und schüttelte mir meine Hände, auf denen schöne,
rote Brandstellen zu erkennen waren.
'Jetzt fehlt ja nur noch, dass ich wie ein Idiot auf der
Stelle hüpfe...'
Karsten hatte währenddessen einen Richtungswechseln vollzogen
und kam zu mir.
Er hatte ein saublödes Grinsen im Gesicht, sah aber echt
besorgt aus.
Ich glaube, ohne ihn wäre ich wohl noch Stunden später so
dagestanden, so aber schob er mich mit einem flüchtigen Blick
auf die Handflächen einfach zum Spülbecken, drehte den
Kaltwasserhahn auf und streckte meine Hände in den Strahl.
"Idiot. Was machst du denn für Sachen? Hat dir deine Mama denn
nicht beigebracht, dass man seine Finger von heißen
Gegenständen lassen soll?", spöttelte er gutmütig, wurde dann
aber ernst. "Du bist mir vielleicht ein Träumer. Tut es sehr
weh?"
"Blöde Frage! Natürlich tut es gar nicht weh, ich verbrenn mir
doch mindestens einmal am Tag die Hände, das härtet sie ab",
knurrte ich sarkastisch.
"He, so schlecht kann es dir ja gar nicht gehen, wenn du
solche Sprüche reißen kannst! War mal kurz, ich hol mal den
Erste-Hilfe-Kasten, da ist bestimmt Brandsalbe drinne. Und
lass die Hände unter Wasser, ja!"
Letzteres war ein Befehl.
Ich nickte nur und Karsten ging den Kasten suchen.
Ich hörte ihn mit ein paar Türen knallen und verhalten
fluchen, wahrscheinlich hatte er mal wieder vergessen, wo
dieses durchaus nützliche Objekt rumstand und vor sich hin
schimmelte.
Dann ertönte ein Fluch, den man echt nicht wiedergeben kann,
so einzigartig und niveauvoll war der, und ein lauter Knall.
Danach war alles Still.
Aber Karsten tauchte nicht auf.
"Sag mal, hast du mich vergessen oder was ist los?!", brüllte
ich.
Nichts.
Absolute Ruhe, kein Mucks war zu hören, nicht mal ein
Vogelzwitschern.
Nur das kalte Wasser plätscherte fröhlich über meine
inzwischen unterkühlten Hände.
Ob solche Temperaturschwankungen überhaupt gut für die Haut
sind?
Nicht das ich verfrüht runzlige Grapschfinger hab!
"Karsten?"
Jetzt reichte es mir.
Mit zusammengebissenen Zähnen drehte ich das Wasser ab,
trocknete meine Hände leicht an meinem T-Shirt und verließ die
Küche um ihn zu suchen.
'Vielleicht war er doch nicht so nüchtern, wie er schien. Nee,
wahrscheinlich ist er wieder irgendwo gegen geknallt.'
Ich suchte im ganzen unteren Stockwerk, aber ich konnte ihn
weder in seinem Zimmer, noch im Wohn- oder Badezimmer finden.
Also ab nach oben.
In das Schlafzimmer seiner Eltern zu gehen traute ich mich
nicht so ganz, das wäre meine allerletzte Anlaufstation.
Im oberen Wohnzimmer: keine Spur von Karsten.
In der Minibibliothek: nix zu sehen.
Das Badezimmer: menschenleer.
Schließlich ging ich ins Musikzimmer, das sich ziemlich schwer
öffnen ließ.
Wunder oh Wunder - Karsten saß da, rieb sich abwechselnd
Stirn und rechten Knöchel.
Neben ihm lagen der Verbandskasten und ein umgekippter Stuhl,
der den Eintritt erschwert hatte, weil er gegen die Türe
drückte.
"Mann, ich dachte schon weiß Gott was! Antworte gefälligst
wenn man dich ruft!"
"Ja, ja, aber ich hab dich nicht gehört! Hast du vergessen das
dieser verflixte Raum schalldicht gebaut wurde? Häh? Ich höre
nichts drinnen und du hörst nichts draußen. Und jetzt komm her
und hilf mir."
"Is ja gut. Was ist denn eigentlich los?"
"Sieht man das nicht? Ich bin vom Stuhl geknallt. Und das,
nachdem ich die kleine Schranktüre erst mal vor die Stirn
geknallt bekam."
Ich musste mir das Grinsen echt verkneifen.
'Sieh mal einer an... Mr.-Ich-bin-supersportlich-und-so-
leicht-haut-mich-nix-um lässt sich von einer Schranktür
umboxen und außer Gefecht setzen!'
Beherzt griff ich nach seinem Arm um ihn hochzuziehen und
schrie beinahe auf.
Klar, ich Depp hatte vergessen, dass mein Handteller seid
neuestem eine Rotfärbung hat, die auch noch verdammt weh tut,
wenn man sie auch nur mit ner Feder antippt.
'Pah, und dann sagen die, ein Indianer kennt kein Schmerz!
Bestimmt nur, weil die sich noch nie die Hände verbrannt
haben!'
Karsten sah mich entschuldigend an.
"Sorry, daran hab ich nicht gedacht. Wart mal, hier ist doch
irgendwo...", er kramte im Verbandskasten herum. "Wo ist sie
denn... sie muss doch... Ah! Hier! Setz dich, du wirst jetzt
erst mal verarztet. Streck die Hände aus."
Gehorsam setzte ich mich vor ihn und hielt ihm meine Hände
unter die Nase.
"Wow, dieser Rotton ist einmalig, du solltest dir ein Patent
drauf geben lassen.", spottete er und verrieb Salbe auf meinen
Handflächen.
"Haha, du bist wirklich be- Aua! Pass doch auf, das tut weh!"
"Tschuldigung. So, und jetzt noch Mullbinde drumrum und dann
kannst du das Essen für die nächste Zeit vergessen. Aber keine
Panik, ich lass dich nicht verhungern, du bekommst dann halt
nur Suppe. Die kannst du mit Strohhalm schlürfen."
Vorsichtig wickelte er meine Hände ein.
"Wie witzig. Apropos Essen... die Baguette sind jetzt bestimmt
schon kalt..."
"Quatsch, so schnell kühlen die auch nicht aus. Und wenn, dann
schmeißen wir sie halt in die Mikrowelle, wozu hat man das
Ding denn sonst? Voila! Fertig. Na, bin ich nicht der King im
Verbandanlegen! Hähähä, das muss mir erst mal einer nach
machen."
Jetzt sah das so aus, als würde ich mitten im Sommer
Fäustlinge tragen.
Das er aber auch immer so übertreiben musste...
"Klar doch. Übrigens, da hast du ja ein schönes Hörnchen auf
der Stirn... ist schon leicht blau-grün-gelb angelaufen...
Steht dir irgendwie... Tut dir sonst noch was weh? Außer dem
Hintern..."
"Na ja, der Knöchel, ich hab ihn mir verstaucht. Aber das ist
ja nichts weltbewegendes. Und jetzt lass uns endlich was
essen."
"Ach, ich dachte du hast gar keinen Hunger und isst nur, weil
ich dich zwinge?!"
Spöttisch zog ich eine Augenbraue hoch.
"Tja, weißt du, die Suche nach dem Erste-Hilfe-Kasten, ohne
den du zweifelsohne ziemlich aufgeschmissen gewesen wärst, hat
mich echt total geschafft! Ich glaube, ich könnte so ohne
weiteres die Baguette alleine Essen. Und da du ja eh keinen
Finger rühren kannst..."
"Wage das ja nicht! Wer Verbände sooo anlegt, der muss mich
dann auch füttern! Schließlich hättest du ja auch jeden Finger
einzeln einwickeln können. Dann wäre das jetzt kein Thema."
"Aber sonst hat der Herr keine Wünsche, ja?!"
Ich stand auf und half Karsten so gut es ging.
Richtig zupacken konnte ich ja nicht.
"Gehts?", wollte ich wissen, als er auf beiden Beinen stand.
"Muss", erwiderte er und humpelte vor mir her.
"Mein Gott, was sind wir für ein Duo. Da sind wir mal ein paar
Stunden zusammen in einem Haus und schon gibt’s Verletzte!
Wirklich, ich scheine das Pech momentan richtig anzuziehen."
"Ach Karsten, jetzt nimms nicht so tragisch. Was ist schon ein
verstauchter Knöchel und ein kleines Hörnchen? Pardon, ich
korrigiere, ein großes Horn?! Das sind doch Peanuts. Du
hättest dir ja auch ne Gehirnerschütterung und einen
gebrochenen Fuß holen können. Oder was-weiß-ich-was-noch. Also
sieh es positiv."
Klar, als ob ich heute mehr Glück gehabt hätte...
Erst ein Kuss und dann einfach stehen gelassen zu werden...
Aber immerhin ein Kuss, besser als nichts!
Und trotzdem ist alles noch so unklar.
Verflucht!
"Komm schon du Schlafmütze! Ich bin hier derjenige, der
humpelt und nicht du! Also schlaf beim Laufen nicht ein."
"Ja doch. Warum motzt du hier eigentlich so rum du
*Sportskanone*! Lässt sich von ner Schranktür Schachmatt
setzten! Wenn das die anderen erfahren, ich glaube, da wirst
du dir noch jahrelang was anhören dürfen!"
"Untersteh dich, den anderen auch nur einen Piep zu sagen!
Sonst kriegst du wirklich kein Baguette ab und außerdem erzähl
ich ihnen von der *Miss*-Wahl, die du gewonnen hast. Was
meinst du, was die *dann* sagen?!"
Ich wusste er würde es nicht verraten, genau so wie er wusste,
dass ich nichts weitererzählen würde.
Also begnügte ich mich nur damit ihm die Zunge rauszustrecken
und eine kleine Fratze zu schneiden.
In der Küche ließ ich mich nur auf den Stuhl fallen, machen
konnte ich ja eh nichts.
Karsten nahm die Topflappen, drehte sich demonstrativ noch
einmal zu mir hin um mit ihnen vor meiner Nase herumzuwedeln
und stellte dann das Blech auf die andere Arbeitsplatte.
"Pff, das ist jetzt bestimmt schon ausgekühlt, du hättest
nicht so oberlehrmeisterhaft tun müssen. So ein Fehler wird
mir nie wieder unterlaufen, ich werde ab sofort jede Küche nur
noch betreten um mich mit Nahrungsmitteln voll zustopfen!"
Karsten gab jedem zwei Baguette auf den Teller und stupste
seine mit der Fingerspitze an.
"Klar doch", murmelte er. "Gut, die sind noch warm. Besteck
können wir uns schenken."
Er setzte sich mir gegenüber und grinste fies.
'Er wird doch wohl nicht...?'
Dieser Fiesling!
Mein Magen knurrte so laut, dass man es sicher noch bei mir zu
Hause hören konnte und er wagte es, vor meinen Augen ganz
genüsslich in sein Baguette zu beißen!?
Karsten machte keine Anstalten, sich auch noch einen
Millimeter in meine Richtung zu bemühen, also schob ich meinen
Teller eben zu ihm und setze mich neben ihn.
Wenn der Prophet nicht zum Berg kommt muss der Berg halt zum
Prophet, oder etwa nicht? [2]
"Komm schon, ich hab auch Hunger! Und es ist deine Schuld,
dass ich nix in die Hand nehmen kann. Also lass mich
gefälligst auch mal essen!"
"Klar, Baby. Schön den Mund weit aufmachen und 'Aaaah' sagen!"
Spinner.
"Bin ich etwa beim Arzt?! Aber weil du es bist... Aaaaaah!"
Karsten grinste fröhlich und hob mir mein Baguette zum
abbeißen hin.
Endlich!
Es schmeckte echt lecker, war nicht zu heiß und nicht zu kalt
und angebrannt ist es mir auch nicht.
Aber irgendwie war es ein komisches Gefühl, wie ein Kleinkind
gefüttert zu werden.
Karsten jedoch schien es richtig Spaß zu machen, er lächelte
die ganze Zeit.
"So, jetzt noch ein Bissen für die Mama... und einen für den
großen Bruder... und einen für mich... oh, jetzt einen für
Mark..."
Und so ging das die ganze Zeit weiter.
Ich ersparte mir die Kommentare, dazu kam ich gar nicht, denn
immer, wenn ich den Mund auf machte, wurde mir das Baguette
unter die Nase gehalten.
'Bitte lieber Gott, mach das meine Hände auf wundersame Weise
heute abend wieder unversehrt sind. Ich verspreche dir auch,
keine unkeuschen Gedanken mehr nachzuhängen. Und ich besuch
meinetwegen auch am Sonntag den Gottesdienst. Oder nee, diesen
geht ja nicht, aber nächsten... vielleicht. Hilfe!'
'Jetzt tu du mal nicht so. Im Grunde genommen gefällt es dir,
so umsorgt zu werden. Du brauchst das manchmal. Und solange es
ihm auch spaß macht...'
'Grrr, was willst *DU* denn schon wieder? Du hast hier nix zu
melden, merk dir das ein für alle mal! Was bist du schließlich
schon?!'
'Was ich bin? Dein wirkliches, tief in dir verborgenes ICH.
Die dunkle Seite deiner Seele, deine schlechte Gedanken, deine
heiße Träume, dei-'
'Halt die Klappe, ich wollte das nicht wirklich wissen! Und
jetzt verschwinde, ich hab keine Zeit, mit dir zu
diskutieren!'
Geschirrgeklapper verhinderte eine Erwiderung dieses... dieses
Etwas.
'Vielleicht sollte ich ihm mal einen Namen geben... Dann kann
ich wenigstens so richtig auf ihn fluchen... Oh Mann, was denk
ich denn da?'
Kopfschüttelnd blickte ich zu Karsten, der gerade dabei war,
das Geschirr in die Spülmaschine zu räumen.
"So, und was jetzt? Was können zwei Invaliden wie wir jetzt
mit einem angebrochenen Nachmittag so alles anstellen?"
Karsten sah mich abwartend an.
"Kein Plan."
Dieses Etwas nutzte die kurze Pause, um mir ein paar Bilder
vorzugaukeln: ich, wie ich meinen besten Kumpel verführte...
'Lass das! Bist du total Bescheuert! Sag mal, gab’s da nicht
mal so einen Engel, der ständig alle verführen wollte? Wie
hieß der noch mal? Belial oder so ähnlich... [3]
Gebongt, ich taufe dich Nervensäge auf Belial, damit ich dich
von nun an wenigstens mit Namen verfluchen kann!'
"Hey, ich habs!! Wir könnten uns ja schon mal überlegen, was
wir Jenny schenken wollen. Außerdem können wir dann morgen
gleich einkaufen gehen, mit deinen Händen kannst du mit
Sicherheit nicht ins Freibad."
Das hatte ich völlig vergessen.
"Ist gut. Dann lass mal hören! Du hast dir doch hoffentlich
schon Gedanken darüber gemacht, oder?"
"Öh, nö. Ehrlich gesagt hab ich gar nicht dran gedacht, bis
ich die Einladung im Briefkasten fand..."
Das war ja mal wieder typisch!
Wir verlegten unsere noch nicht angefangenen Überlegungen in
Karstens Zimmer und machten es uns auf seinem Bett bequem.
Dieses Bett ist einfach ein Traum.
So eins werd ich mir später auch mal zulegen.
Eine zeitlang starrte jeder von uns vor sich hin, wetten, dass
man Rauchwolken über unseren Köpfen sehen konnte vor lauter
nachdenken!?
Schließlich ließ Karsten sich zurück in die Kissen fallen.
"Wäh, mir fällt nix ein. Außer vielleicht ein Gutschein für ne
CD oder ein Buch, aber ich glaube, das hatten wir schon
einmal. Aber wie wär’s mit ner Einladung ins Kino mit
anschließendem oder vorherigem Eisessen? Wir haben schon lange
nichts mehr zusammen unternommen."
"Ja, klar, knappe sechs Wochen sind eine sooo lange Zeit. Das
Klein-Karsten uns noch nicht von der Polizei hat suchen lassen
ist dann wohl auch nur ein Wunder gewesen!", spöttelte ich.
"Gutschein ist nicht so toll, aber Kino und Eis... hört sich
gut an. He, das ist ne Premiere, wir haben uns nicht die Köpfe
zusammengeschlagen und sind uns einig. Und der Vorschlag kam
auch mal von jemandem anderen als mir. Ich glaub, den Tag
sollte ich mir in meinem Kalender als privater Feiertag
anstreichen."
Karstens Antwort bestand aus einem weichen Daunenkissen, dass
er mir an den Kopf schlug.
"Gut, das wäre geregelt. Was jetzt? Mir ist langweilig, Mandy.
Wie wär es mit ner Partie Schach?"
Nie im Leben!
"Vergiss es! Ich hasse Schach und außerdem gewinnst du eh
immer. Ich bin dafür, dass wir uns einfach faul aufs Sofa
pflanzen und uns ein Video reinziehen. Und weißt du welches?
Der Schuh des Manitu! Der ist lustig und ich hab echt Lust,
den mal wieder anzuschauen. Einwände jeglicher Art können
leider nicht beachtet werden."
"Ich hätte eh nicht widersprochen! Also, du armer
Schwerverletzter, mach es dir schon mal bequem, ich hol das
Video und was zu knabbern. Ach, ich hab ja vergessen, du
kannst gar nicht alleine essen... dann sind die Cookies ja für
mich ganz allein..."
"Neiiin! Das ist gemein."
Eigentlich wollte ich noch viel mehr sagen, aber Karsten ist
einfach gegangen.
Ich aß Cookies für mein Leben gern.
Wenn ich einmal damit angefangen habe, kann ich erst aufhören,
wenn die Packung leer ist.
So gut es ging packte ich mir ein paar Kissen und trottete zum
Sofa, den Schmerz in meinen Händen ignorierend.
Gerade als ich es mir richtig gemütlich gemacht hatte, kam
Karsten mit dem Video, einem Tablett Chips, Flips, Erdnüssen,
Cookies und Cola wieder.
Er stellte das Tablett ab - mein Glas war mit einem Strohhalm
versehen, so konnte ich wenigstens alleine trinken - und schob
das Video ein.
Nun stand einem amüsanten abend nichts mehr im Wege und es
würde uns beide auf andere Gedanken bringen.
Gerade ließ er sich neben mich plumpsen, als mein Handy
klingelte.
Ich schoss erschrocken hoch - daran würde ich mich wohl nie
gewöhnen - und wollte in meine Hosentasche greifen, aber
natürlich hielten meine bandagierten Hände sehr wenig davon.
"Shit, ausgerechnet jetzt! Holst du mir das Handy raus? Dann
kannst du es auch gleich für mich halten... bitte!"
Mit meinem herzallerliebsten Dackelblick blickte ich Karsten
an.
Kommentarlos holte er mein Handy hervor.
Unbekannter Teilnehmer ruft an.
Mein Herzschlag beschleunigte sich rasant.
Konnte das...?
***
[1] Das müsst ihr euch mal bildlich vorstellen! Da fehlt nur
noch eine andere Szenerie, so mit Sonnenuntergang und einsamer
Strand und so und dann wäre das ja richtig romantisch!!
[2] Ich weiß, es heißt: Wenn der Berg nicht zum Prophet kommt,
muss der Prophet zum Berg., aber ich fand das langweilig und
warum immer das selbe, wenn es auch mal anders geht?! Außerdem
hört sich das doch witzig an, oder....??
[3] Angel Sanctuary ahoi! ^_^'
***
Ende Teil 7
C&C Biddäääh!!??!??!?!?